Heft 
(1908) 17
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Kleine Mitteilungen.

walt untersteht ihm die Aufsicht über das gesamte Fischereiwesen von der Hennigsdorfer Brücke bis zum Mühlendamm in Berlin und wiederum von dort bis zum Damm in Brandenburg an der Havel. Wehe demKleinfischer (Kloster-, Schloß-, Küchen- oder Beifischer), derdem Kurfürsten (Fiskus) in das große Garn fischt; wehe demKietzer oderDümmer, der mit einem Fischgarn (poverte, pehre, tolle, b allreu se), dessen Netzweite unter 2,5 Zentimeter hinuntergeht, sefn Handwerk treibt, von der streng verbotenen Zure (Strohnetz)' ganz zu geschweigen, oder der gar die gesetzlichen Schonzeiten, Schonreviere, Fischpässe und Wehre unrespektieit Bißt; wehe dem Dörfler, der die Grenzen derW atefis cherei mutwillig überschreitet; wehe dem Angler, der eine Darge (BUlnker) führt, oder gar ohne Angelkarte erfunden wird; wehe endlich dem armen FischleinPlötze (slawisch ploc(z)ica), das unter 15 Zentimetern Mindestmaß auf den Markt kommt! Der Pritzstabel muß alles kennen, alle Wasser und Gewässer mit ihren Lanken, Gelagen, Liepe n, Werdern, Hörnern, Kohrdämmen, Wiesen, Gräben, Harden un'd Weichten, den Aalem ann, den Chrienick, den Münchewinkel, den Ge rinne kolk, die große und kleine Malche, den Sengeken-Graben, die Wulwelanke, dazu der Fische seltsames Leben und mannigfache Art; der Pritzstabel muß weiter alleDienstbarkeiten, sowie alleGerechtigkeiten undGerechtsame schirmen und schützen, aber auch alle Übertretungen und Vergehen im Wege der Beschlagnahme oder Anzeige klagen oder ahn­den: er ist einKönig im kleinen, in dem geheimnisvollen Reiche des Wassers, der Fischerei und der Fische! Der Vortrag schloß mit einem Hin­weis auf die alten Fischereiurkunden derKietzer vom Tiefwerder (die Pichelsdorfer sind ohne Dokumente), die, auf Pergament oder Schweinsleder geschrieben, bis zum Jahre 1393 zurückreiehen. Die Dokumente, die übrigens in denMärkischen Forschungen Band XVII veröffentlicht sind, waren mit freundlicher Bewilligung der alten Innungslade entnommen und zur öffent­lichen Einsicht ausgelegt.

Herr E. Friedei bemerkt hierzu folgendes: Die Ableitung des Namens Pritzstabel aus dem Wendischen ist zweifellos. In dem dem Wendischen mehr verwandten Russischen bedeutet Pristav soviel als Vogt, Aufseher.

Was die Tiefwerderschen Urkunden, darunter eine pergamentene des Markgrafen Jobst von Mähren, Statthalter der Mark, anlangt, so wurden uns dieselben auf einer Pflegsschaftsfahrt des Märkischen Museums am 8. Dezember 1907 von Herrn Gemeindevorsteher Weiss in Tiefwerder freund- lichst zur Einsichtnahme vorgelegt, ebenso der Drelistern und die drei Kopf­bedeckungen der Knaben, welche als die Heiligen Drei Könige Kaspar, Melchior, Balthasar mit einem Liede hereinziehen, dessen Wortlaut Herr Rektor Otto Monke auf geschrieben hat.

Zum Schluß kann ich nur dem Bedauern Ausdruck geben, daß der altehrwürdige Name Pritzstabel abgeschafft und durch den gewöhnlichen Namen Fischmeister ersetzt worden ist. Die geschichtliche Pietät hafte die Beibehaltung der seltenen volkstümlichen Bezeichnung erfordert.