Kleine Mitteilungen.
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Die Krähe als Fischfänger.*) Ich habe, in der Gegend von Himmel - pfort bemerkt, daß die Krähe ein Fischräuber sein kann, weil sie nicht nur abgetriebene Leichen, sondern eben gefangene Fische frißt. Himmelpfort, im Kreise Templin, liegt inmitten von vier Seen; einer von diesen ist der große Stolpsee. Wo die Ufer ganz oder teilweise mit Wald bestanden waren, sah ich, hatten sich die Krähen geeignete freiere Stellen ausgesucht, wo sie die Fische verzehrten. Ich glaubte aber, daß sie die Fische auch ganz auffräßen, vielleicht unter besonderen Umständen. Denn ich fand öfter nur Schuppen oder sonstige geringfügige Überreste von Fischen, wo die Krähen ihr Gewerbe trieben. Einmal überraschte ich am Modderfltzsee zwei Krähen, die an einer freien, aber abgelegenen Stelle gemeinsam und friedlich einen Fisch verzehrten, obwohl Krähen sonst um Beute sich oft streiten. Beim Nähertreten nachher fand ich nur den feuchten Fleck, wo der Fisch gelegen hatte. Öfter habe ich auch von Krähen angefressene Fische vorgefunden, ein- oder mehrmals einen Fisch, dem der Kopf abgefressen war, habe indessen nicht genauer zugesehen. Auf dem Haussee, durch den viele Flößer kommen, sah ich wiederholt hinten auf den langen Holzflößen Krähen sitzen, an den Enden der Hölzer, offenbar wohl um zu fischen. So ließen sie sich längere Strecken durch den See fahren. Hier sah ich zum erstenmal — es waren keine Menschen auf dem Wasser — eine Krähe mitten auf dem See auf einen Fisch niederstoßen. Sie schwebte einen Augenblick mit zwei Flügelschlägen wie rüttelnd über dem Wasser. Als sie wieder hochflog, hing ihr ein längerer, scheinbar schmaler Fisch zum Schnabel herunter.
Bei den Anwohnern gerade dieser Gewässer stehen die Krähen in üblem Ruf als Räuber der „Lietzeneier“, die man, von ihnen ausgefressen, an den Ufern findet, ebenso wie sie den Möweneiern nachstellen auf einem Möweneiland im M odde rfltzsee, weshalb sie auch von den kleinen Möwen dort angegriffen und verfolgt werden. Damals lagen im Haussee an einer Stelle viele Baumstämme zur späteren Bearbeitung in der Sägemühle. Wenn darauf Möwen saßen und Krähen sich niederlassen wollten, wurden sie sogleich von den Möwen verjagt. Ob vielleicht nicht nur aus Feindschaft wegen der Eierräubereien, sondern auch aus Futterneid, da unter dem Holze Fische standen? Anwohner dieser Seen sagten mir gelegentlich: „Wenn die Krähen Junge haben, sitzen sie am Wasser, wo die Lietzen Nester haben, und nehmen die Eier weg. Sie sollen die Eier zwischen die „Poten“ nehmen, und nehmen auch lebende Fische mit.“ Diese letztere Tatsache ist also dort ganz bekannt. Ich habe auch schon in der „Märkischen Fischerei“ vermerkt (Festschrift des Fischerei-Vereins für die Provinz Brandenburg 1903, 57), und zwar nach den Angaben von Fischern, im besonderen des Fischereibesitzers Hankel, der gewiss große Erfahrung in der Fischerei hatte, daß die Krähen als Fischfeinde gelten. Nebenbei nur möchte ich erwähnen, daß mir neulich in einem Vororte bei Berlin die Eigentümerin,
*) Aus Mitt. des Fischerei-Vereins für die Prov. Brandenburg 1907 8. 31 und Aufsatz von K. Bugow-Potsdam in Heft 5/6. August 1906 ebendaselbst.