Heft 
(1908) 17
Seite
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Karl Wilke.

Beliebt waren hierfür die Opfer- und Gräberdecksteine, denn auch das Gestein enthält scheinbar Feuer, das es durchpinken d. i. schlagen in Funken von sich sprüht. Mit der Verlegung der gottesdienstlichen Handlung von Baum und Stein innerhalb Gebäude, übertrug sich die Bohrteidee und das Näpfchenbohren späterhin auf Tempel, Kirchen und auf einzelne Gebäudeteile, die für geheiligt galten. Es waren das die Schwellen, die Türeinfassungen, der Sockel, der Herd, der Altar, wenn man dazu gelangen konnte. Unsere Steinsockel und Plintengesimse hatten znm Vorbild die hölzernen Schwellrahmen, die das im Tageslicht emporragende Gebäude von dem Erdbereicli trennten, wo gewissermaßen dieUngererdschen mit den lichtholden Gottheiten in Vertrag standen und dort glaubte man eine besonders wirksame Bohrte zu vollführen, um etwas bannen zu können, was im Bauopfer schon eine Begründung hat.

Die Dunkelheit gebirt das Licht, letzteres muß in ihren Schoß zurückkehren und dort büßen, damit es in ungemindertem Glanz Wieder­erstehen kann. Aus dem dunkeln Schoß der Erde tritt, nach dem Germanenglauben, die Sonne, das Licht und das Feuer hervor, wo es sich zeitweilig vor feindlichen Nachstellungenbergen mußte. Aus der dunkeln Wetterwolke zuckt gleichfalls der Blitzstrahl, das Feuer des Himmels hernieder, dessen Sinubild u. a. der funkensprühende Stein­hammer, des göttlichen Donners war, der damit die Erde segnet, wie es Gebrauch gewesen, mit seinem Symbol den Schoß des Weibes bei einer Eheschließung zu heiligen und sonst manchen andern Rechtsbraucli zu festigen. Die Vorliebe für Feuersteinwaffen und steinernes Opfer­gerät hat sich weit über die Steinzeit hinaus erhalten, wie die Anrufung des Donners als Bekräftigung noch heute gilt. Das Bokrtemachen, jetzt als Aberglauben betrieben, war ehedem wohl Teil des heidnischen Götterdienstes und erfolgte gewiß ganz öffentlich. Zurzeit ist es mit einer ergreifenden Heimlichkeit umkleidet, zumal auch die Kirchenbußen ihre Öffentlichkeit mehr oder weniger abstreiften. An Sonuenfesttagen oder auch mitternächtlich, wenn das tägliche Neulicht geboren wird, muß manstillverschwiegen an geheiligten Orten ankommen können z. B. an den Apsiden der Kirchen. Hier sind Haupteingang und Altar, nach uralter Satzung, genau nach dem Sonnenlauf gerichtet und das Sockelgesims war beliebter Angriffspunkt. Ältere, vorhandene Löcher konnte man weiterbenutzen, je emsiger und tiefer man mit dem Holz­stab bohrte, je inniger und heilkräftiger ward die Wirkung der Bohrte. Bei. dem Bohren mußte man intensiv an das denken, was man verbohren wollte und zum Schluß wurde der Bohrstab zerbrochen, wovon der volkstümliche Ausdruckdie Suchten bräken, für die Krankheit be­seitigen, kam.

Schleifsegen und Rillenschliffe. Auch eisernes Schneidezeug und Waffen wetzte man heimlich gern in späteren Zeiten an Altären,