Heft 
(1908) 17
Seite
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Eine denkwürdige Luther-Inschrift auf Burg Rabenstein.

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kammer gedient haben mag, mindestens aber seit dem Jahre 171? als Burgkapelle eingerichtet und in Gebrauch gewesen ist. In diesem Jahre hat der damalige Besitzer der Burg, der königlich preußische Steuerrat Gottfried Leyser, ein Nachkomme (vermutlich Enkel) des bekannten Theologen Polykarp Leyser, die Kapelle begründet (oder vielleicht renoviert). Der Raum ist 2 bis 3 m breit und etwa 6 m lang; er hat nämlich ovale Form, ist an beiden Spitzen abgeplattet und in der Mitte ausgebauscht. Das Tageslicht erhält er nur durch ein einziges kleines Fenster, das sich an der einen abgeplatteten Spitze befindet, und unter­halb dessen der steinerne Altar eingebaut ist, welcher die ganze Breite des Raumes einuimmt; so daß also eine Annäherung an das Fenster nur durch Hinaufsteigen auf den Altar möglich ist.

An der Vorderseite dieses Altars, genau in der Mitte, ist folgende Inschrift (in bunten Farben gemalt) zu lesen 1 ):

Am Tage Martini

1717 d. 11. Nov. war der 31. Octob. alten Calenders wurde die er­ste Predigt hier gehalten.

Auf der linken Seite davon steht folgender Hexameter:

LVtherVs post bis CentVM fLorens reDIt annos,

auf der rechten dieser:

En post bis CentVM LVtherVs fLens reDIt annos.

Was bedeutet die Inschrift, besonders die auf den ersten Blick so merkwürdig klingenden Hexameter?

Was erstlich die Notiz über die erste in der Burgkapelle gehaltene Predigt angeht, so ist sie klar und verständlich und bedarf als solche

) Burg und Schloß Rabenstein waren mehrere hundert Jahre, etwa von 1450 bis 1625, im Besitz der sächsischen Kurfürsten, deren Gebiet sich bis hieher erstreckte und kaum zwei Meilen weiter nördlich an die Mark Brandenburg stieß. Die recht­mäßigen Nachfolger der sächsischen Kurfürsten, die Könige von Sachsen, führen unter ihren Titeln noch heute als letzten den einesHerrn zum Ravenstein, eben nach der genannten Burg. Seit 1815 ist der Rabenstein wie die Umgegend preußisch* Burg und Schloß waren seit 1804 und sind bis heute im privaten Besitze des Herzogs von Anhalt, der sich ja in gewissem Sinn auch als Nachfolger der sächsischen Herzoge und Kurfürsten betrachten kann. Wenn nun auch seit anderthalb Jahr­zehnten, nachdem das zur Burg gehörige Rittergut sich aufgelöst hat, kein Gottes­dienst mehr in der Burgkapelle gehalten wird, sondern die Bewohner des Schlosses in das 1 km weit entfernte Pfarrdorf Raben eingekircht sind, so ist doch der Besitzer des Rabensteins, ohne die Kosten zu scheuen, bemüht, Schloß und Burg mit allem, was daran und darin ist, in seinem jetzigen Stande zu erhalten.