Heft 
(1908) 17
Seite
286
Einzelbild herunterladen

286

Dr. Boehmer. Der Rabenstein und seine Geschichte.

zweiter Grund, gerade an diesem Tage das Reformationsfest durch die Weihe der Gottesdienststätte zu feiern. So gilt in zwiefachem Sinn das redit beider Hexameter. Luthers Person (darauf weist der Martini-Tag), Luthers Werk (darauf weist der 31. Oktober hin) kehren wieder. Ob zwischen dem Martini-Tag und dem redit im ersten Hexameter sowie zwischen dem 31. Oktober und dem redit im zweiten Hexameter vielleicht gar je eine Beziehung für sich anzunehmen ist? Etwa in dem Sinn, daß zwar Luthers Person, welcher der Martini-Tag gilt, noch in voller Ehre steht (florens), da Luthers Person auch von den Pietisten hochgehalten wurde, daß dagegen Luthers Werk, woran der 31. Oktober erinnert, seit dem Auftreten des Pietismus (nach Ansicht des Verfassers der Verse) jämmerlich daniederlag? Die Vermutung wenigstens darf gewagt werden, wenn auch die Mangelhaftigkeit und Undeutlichkeit des Materials einen sicheren Schluß nicht zulassen.

Ist also auch die Inschrift auf der Vorderseite des Altars in der Rabensteiner Burgkapelle nicht geeignet, uns neue historische Aufschlüsse zu gewähren, so haben wir immerhin doch ein ebenso interessantes wie instruktives Dokument (neben anderen), welches Zeugnis ablegt von der Stimmung, mit welcher die orthodoxe Seite das siegreiche Fortschreiten des Pietismus begleitete. Einerseits ist das hohe Bewußtsein vorhanden, daß Luther und seine Lehre siegreich bestehe und bestehen werde (florens). Anderseits ist mit jenem Bewußtsein das Leid darüber ver­bunden , daß die Zustände anders geworden, daß Luthers Werk (mindestens vorläufig) zurückgegangen sei (flens). Indem jedoch Luther wiederkehrt, so oder so (redit), überwiegt die Gewißheit, daß Lutheru wie die Vergangenheit, so auch die Zukunft gehöre. Auf alle Fälle verdient die Inschrift eine bessere Beachtung und Würdigung, als ihr bisher gelegentlich (durch einen klassischen Archäologen und einen Lokalgeschichtsschreiber) zu teil geworden ist.

Der Rabenstein und seine Geschichte.

Von Pfarrer J. F. Hennig in Raben 1866 verfaßt und vom derzeitigen Pfarrer Dr. Boehmer überarbeitet, berichtigt und ergänzt.

Das Schloß Rabenstein auf steiler, mit kräftigen Buchen und altem Unterholze bewachsenen Anhöhe, zwischen Wittenberg und Belzig am Rand des Planetals gelegen, ist unbestritten eine der größten mittelalter-