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Dr. Boehmer.
Nur sehr allmählich erholte sich die Gegend von den schweren Drangsalen. Die verlassenen Pfarren wurden wieder besetzt. Wegen des Mangels an Predigern waren öfter mehrere Pfarren miteinander verbunden. So wurden seit 1650 die Pfarren Raben und Raedigke vereint, und mit dem neuen Prediger in Raben, Christoph Fladerus, Verabredung getroffen, wie die Gottesdienste in beiden Parochien zu verteilen seien. Dieser Zusammenschluß dauerte bis zum Jahre 1680, wo Raedigke in Wolfgang Laurentius Becker einen eigenen Pastor erhielt.
Aus der Vokation des Fladerus, sowie aus anderen Nachrichten, die sich in den Akten des Rabensteiner Archivs vortinden, geht hervor, daß das Recht der Besetzung der Pfarre und Küsterei in Raben dem Landesherrn zustand, daß aber die jedesmaligen Gutsherren von Rabenstein aufgefordert wurden, der Einführung der Berufenen in eigener Person oder durch Vertreter beizuwohnen, auch sich zu erklären, ob sie gegen Lehre und Leben derselben etwas einzuwenden hätten, und endlich zur Abnahme von Kirchenrechnungen und zu sonstigen Besprechungen über äußere Pfarrangelegenheiten zu erscheinen. Wenn dessenungeachtet manchmal die Gutsherren patroni genannt werden, so gehört zu diesem Patronat wenigstens nicht das Pfarrbesetzungsrecht.
Zu den in Raben und Rabenstein zu veranlassenden Trauerfeierlichkeiten bei dem Ableben des Gutsherrn und seiner nächsten Angehörigen, über die in späterer Zeit wiederholt verhandelt worden ist, muß bemerkt werden, daß die Witwe von Dr. Unruh das Ableben ihres Mannes ihrem Verwalter auf Rabenstein mit der Aufforderung meldet, er solle den Prediger davon in Kenntnis setzen und ihn zu dem ordnungsmäßigen „Prolog“ 1 ) veranlassen. So ist es auch geschehen.
Eie Witwe Unruhs besaß den Rabenstein bis zu ihrem 1665 erfolgten Tode. Durch testamentarische Verfügung setzte sie ihren „um sie wohlverdienten Vetter“, Dr. jur. Wilhelm Leyser, zum Generalerben ein. Bei ihm und seinen Erben verblieb der Rabenstein bis zum Jahre 1720.
Der letzte seiner Erben, Gottfried Leyser, königlich preußischer Steuerrat, ist der Begründer oder der Erneuerer (s. S.291) der Burgkapelle. 2 ) Die noch immer deutliche Inschrift an der Vorderseite des steinernen Altars lautet: „Am Tage Martini 1717 den 11. November (war der 31. Oktober alten Kalenders) wurde die erste Predigt hier gehalten“. Umgeben ist diese Inschrift zu beiden Seiten von folgenden lateinischen Worten:
L V THER Vs -POST - BIS - Cent VM - pLORENS - ReDIt - ANNOS - EN-POST - bIs- CentVM- L VtHErVs - FL ENS - ReDIt -ANNOS.
') Kanzel-Abkündigung.
’) Näheres s. im vorigen Aufsatz S. 279—286.