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Dr. Boehmer.
Einen entscheidenden Wendepunkt für die Geschichte des Rabensteins bedeutet das Jahr 1889. Am 1. Oktober d. J. wurde das Rittergut aufgelöst, weil der ganze Grund und Boden in Forstkultur angelegt werden sollte. Der letzte Pächter und die Tagelöhner verließen ihre Wohnungen. Ein herzoglicher Privatförster mit dem Titel Revierförster übernahm die Verwaltung. Das Vorwerk Wendemark wurde aufgegeben, es liegt in Trümmern. Zehrensdorf behielt seinen Förster und eine Arbeiter-Familie. Ebenso blieb auf dem Rabenstein nur eine einzige Arbeiter-Familie. Seitdem schwankt die Seelenzahl des Rittergutbezirks Rabenstein zwischen 10 und 20. Die notwendigen Forst- und Feld- Arbeiten werden von kleinen Leuten aus Raben und anderen nahen Dörfern im Tagelohn ausgeführt. Doch hat der Besitz des Rabensteins noch immer an Umfang bedeutend zugenommen. Gegenwärtig beträgt er über 9000 Morgen, von denen über 8500 Morgen Forstboden sind.
Wie sehr aber damit die öffentliche Bedeutung des Rabensteins gesunken ist und die Zeiten auch für ihn sich geändert haben, ergibt sich am besten daraus, daß nicht nur die bis 1889 in der Burgkapelle gehaltenen Gottesdienste eingestellt wurden und Versuche, die Kapelle ihrem Zweck zu erhalten, fehlgeschlagen sind, sondern daß auch die hundertjährige Wiederkehr des Tages, an dem der Rabenstein in Herzoglich-Anhaitischen Besitz überging, im Mai 1904 sang- und klanglos vorüberging.
Der Besuch des Rabensteins lohnt trotzdem noch heute in unvermindertem Maße. Der Rabenstein ist in der Provinz Brandenbui'g die besterhaltene mittelalterliche Burg. Auf einem nach allen Seiten steil abfallenden, etwa 20 Meter hohen Hügel gelegen, ist er weithin sichtbar und namentlich auf der Beiziger Straße schon mehr als eine Stunde, bevor man ihn erreicht, zu sehen. Aus behauenen Feldsteinen erbaut hat er seine nun mindestens 500 Jahre alte Gesamt-Anlage treulich bewahrt. Der einstmalige Rittersaal ist zum Kuhstall degradiert, läßt aber seine Würde immer noch sehr wohl erkennen. Am meisten charakteristisch ist der Wartturm, dessen Durchmesser über zehn Meter beträgt. Seine Mauern sind mehr als drei Meter stark. Innerhalb der Außenmauer ist die seit Jahrzehnten nicht mehr benutzte, immer aber noch gut instand gehaltene Kapelle angelegt, die zuzeiten 90—100 Gottesdienst-Besucher gefaßt hat. Auf dem Turm, der vermittels Treppen und sicherer Leiter zu besteigen ist, bietet sich ein herrlicher Rundblick über die Höhen des Flämings mit ihren Wäldern und Feldern. Das beste von diesem Rundblick genießt man übrigens auch von mehreren Punkten am Fuß der Burg aus, so daß, wer den Turm nicht besteigt, nichts Wesentliches versäumt.
Am schnellsten wird der Rabenstein von Belzig her auf zwar öder, stets nach Süden führender Straße in starken zwei Stunden erreicht.