Lehnin, ein Gedenkblatt zum 24. Juni 1907.
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Die beste Jahreszeit dazu ist die zweite Hälfte des Maimonats, wo die Kirschbauinblüte, überhaupt das junge Grün in Nadel- wie Laubwald einen reizvollen Anblick gewährt.
Lehnin, ein Gedenkblatt zum 24. Juni 1907.
Von Assessor Dr. jur. Fritz Paech.
Im Grasmonat des Jahres 1180 nach des Heilands Geburt zog Herr Otto, Sohn Albrechts des Bären und Markgraf von Brandenburg, hinaus in das dunkle Revier der Zauche, um dort dem edlen Weidwerk zu frönen. Vor der Sonne war der Ritt angegangen, tagsüber durch Lug und Bruch, über Stock und Stein, ohne nennenswerte Beute. Pferd und Reiter forderten schließlich Ruhe, und allwo ein Eichbaum in einer Niederung zwischen Seen zum Rasten lud, da legte sich Herr Otto, um seinen Verdruß abzutun, zum Schlummer nieder. Im Schlafe hatte er ^ eiu Traumgesicht: er erblickte eine Hirschkuh, welche ihn ständig <£ belästigte bis er endlich zu Pfeil und Bogen griff und sie niedermachte, m Als er nach seinem Erwachen den Traum seinen Gefährten erzählte, j | drangen sie in ihn, an dieser Stelle eine Burg gegen die heidnischen m Wenden zu errichten, die in diesen Wäldern und Sümpfen immer noch feste Sitze hatten und zäh am alten Glauben festhielten. Er sagte zu, v,tu 'aber nicht eine Stätte des Krieges sollte hier entstehen, sondern eine Glaubensburg, ein Bollwerk zur friedlichen Überwindung und Bekehrung der Heiden. Sofort rief er Zisterzienser aus dem nahen Sittichenbach ins Land, unter deren bewährten Händen in Kürze ein Kloster an dieser Stelle erwuchs, welche zur Erinnerung an jenen Traum den Namen Lenyn, d. h. Hirschberg erhielt und in welchem noch heute ein Stumpf jener Eiche aufbewahrt wird, unter der Otto seinen merkwürdigen Traum hatte.
So die Sage, die mit Vorliebe an alte und älteste Tatsachen geheimnisvolle Fäden anknüpft und fortspinnt, um dem Herzen der Fantasie das näher zu bringen, wofür die verstandesmäßige Forschung einen unmittelbaren Aufschluß zu geben nicht in der Lage ist. — Historisch ist die Lehninsche Klostergründung ein weiterer planmäßiger Schritt auf dem von Albreclit dem Bären eingeschlagenen Wege der Kolonisierung und Kultivierung des Landes durch Klöster. Dies beweist vor allem die Berufung der Zisterzienser-Brüder, die das Christenpanier der Ordensregel gemäß auf Unland inmitten von Unkultur aufzupflanzen