Heft 
(1908) 17
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Dr. jur. Fritz Paech.

pflegten und deren weißes mit dem schwarzen Skapulier geziertes Ordens­kleid seine Existenzberechtigung schon zur Genüge erwiesen hatte und auf seinem raschen und glänzenden Siegeszuge von dem steinichten und gestrüppreichen Citeaux bis in den märkischen Urwald vorgedrungen war.

Diese weit ausscliauencie Germanisierungspolitik der Askanier, die später von den Holienzollern aufgenommen und auf das hervorragendste ausgebaut und fortgesetzt wurde, trug bald herrliche Früchte: das rasche Aufblühen Lehnins, das schnell die Pflanzstätte für eine Reihe weiterer ständig nach Osten vorgeschobener Zisterzienserklöster in der Mark wurde und dessen Äbte seit 1450 im Range den Bischöfen gleichgestellt, mit denen von Brandenburg und Havelberg bei den Landtagen auf der ersten Bank saßen und sogar ein Stadthaus in Berlin inne hatten, legt dafür beredtes Zeugnis ab. Der hehrste Beweis für die erfolgreiche und segenbriugende Tätigkeit der heiligen Brüder aus Citeaux ist aber die Umwandlung, die sich mit Land und Leuten in der Klostergegend vollzog, eine Tatsache, die hier zwar im einzelnen nicht belegt werden kann, aber trotzdem mit Genugtuung konstatiert werden muß.

Der erste geschichtlich beglaubigte Lehniner Abt, der mit 12 Mön­chen und ebensoviel Laienbrüder von Sittichenbach die entsagungsvolle und mühselige Reise nach diesen unwirtlichen Gegenden unternommen hatte, war Sibold. Er stand dem neuen Klosterwesen von dessen Gründung an ungefähr ein Dezennium vor. Ein ergebner Diener seines Herrgottes, gleich fern von starrer Askese und Laxheit oder gar Frivolität der Gesinnung hatte er sein Leben auf dem ora et labora aufgebaut. Dabei ermangelte er nicht einer Eigenschaft von unschätzbarem Werte im Verkehr mit den heißblütigen Wenden, nämlich einer gewissen Gut­mütigkeit: durch sie gewann er die Herzen mancher Frauen und Kinder für den neuen Glauben und die Werke der Eindringlinge; ihr verdankt er aber auch ein jähes tragisches Ende. Gar häufig besuchte er nämlich die in der Nähe des Klosters gelegenen Ortschaften, um dort die frohe Botschaft zu verkünden und Taten der Liebe zu tun. Als er einstmals auf dem Heimwege von einem solchen Rundgang müde und matt mit einem Begleiter in dem Dorf lein Nahmitz eingekehrt war, und zum Rasten eine der ärmlichen Hütten betreten hatte, da ergriff die darin allein anwesende Frau und Kinder ein Schrecken vor den fremden Männern. Die Kleinen versteckten sich im Gehöft, während die Frau des Hauses, dieweil sie gerade eifrig beim Backen war und sich im Augenblick nicht anders zu helfen wußte, unter den Backtrog kroch. Der Abt, nichts Arges ahnend, erkor sich gerade diesen zum Ruhesitz. Dies sahen die Kinder aus ihren Schlupfwinkeln und hatten nichts eiligeres zu tun, als ihrem, mit den andern Männern am nahen See beim Fischen tätigen Vater die Umstände mitzuteilen, unter denen sie die Mutter und den Abt verlassen hatten. Da brach der verhaltene