Heft 
(1908) 17
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Br. jur. Fritz Paech.

der sich allein aus 64 Dörfern, zahlreichen Forsten, Äckern, Wiesen und Weinbergen, ungerechnet sonstiger Privilegien und Gerechtsame zu­sammensetzte, stand fester und gesicherter denn je da, an seiner Spitze ein Mann, der sich des größten Ansehens bei seinem Kurfürsten und im Lande erfreute. Das Kloster erhielt neue Glocken und Altäre, vor allem jenen herrlichen Altarschrein, welcher den ersten im Reiche der da­maligen deutschen Kunst zugeschrieben wird und der heut noch die Hauptzierde des Domes zu Brandenburg a. H. bildet, wohin er später gelangte. Valentin war aber nicht bloß ein wissenschaftlich und künst­lerisch fein gebildeter Mann, sondern auch von großer echter Frömmig­keit, mit der er starr wie sein Gebieter, der Kurfürst, an dem alten Glauben der Väter festhielt. Und das war von großer Bedeutung, denn ein neuer Geist durchzog die Lande. Die Wittenbergische Nachtigall war aufgegangen und verkündete anfänglich zaghaft, aber von Mal zu Mal sicherer werdend, die Jubellaute eines neuen reinen Evangeliums. Um das mönchische Lärmen zu stillen, ward auch der glaubensstarke und gelehrte Abt Valentin als Streiter aufgeboten, der den abtrünnigen Augustiner in persönlicher Unterredung milde aber ernstlich verwarnte, eine Tatsache, die auf Luther, wie aus einem Schreiben an seinen Freund Spalatin hervorgeht, einen großen Eindruck machte. Aber die neue Lehre ließ sich nicht mehr unterdrücken, am allerwenigsten in der Mark Brandenburg, wo sie noch unter Joachim I. sogar am Hofe Eingang fand. Ihren vollen Sieg feierte sie freilich erst unter Joachims I. Sohn und Nachfolger, unter dessen Herrschaft jener Prozeß der allmählichen Aufsaugung der Klosterterritorien durch den Landesherrn eingeleitet und vollführt wurde. Mit Kloster Lehnin wurde indes eine Ausnahme ge­macht, solange der Abt Valentin, der Freund und Gevatter Joachims I., noch am Leben war, wenn es auch in seinen Rechten und Besitztümern erheblich zurückgeschnitten wurde. Aber als er im Jahre 1542 die Augen geschlossen hatte, da klang das Sterbeglöcklein nicht bloß über ihm, sondern auch über dem Kloster. Den Brüdern wurde freigestellt, zu bleiben oder zu wandern und für die wenigen, die sich nicht von der liebgewordenen Scholle trennen wollten, wurde ausgiebig gesorgt.

So sank das Kloster Lehnin dahin, nicht wie ein sterbensmüder Greis, sondern wie ein Mann, den der unbarmherzige Schnitter Tod aus der Fülle des Schaffens in der Vollkraft der Jahre abruft.

Lehnin wurde kurfürstliches Amt und blieb es bis zum Jahre 1815, wo es endgültig in Privatbesitz überging, in dem es heute noch steht.

Von den brandenburgischen Monarchen erwiesen besonders der große Kurfürst und sein Nachfolger dem alten Kloster ihre Gunst, in dessen hirsch- und fischreichen Wäldern und Seen sie mit Vorliebe sich jagend verlustierten. Da beide Fürsten zu den öfters hier angesetzten