Heft 
(1908) 17
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Dr. jur. Fritz Paech.

der 11. Generation nach Joachim I. vorausgesagt wird. Alsdann wird die Mark in den Schoß der allein selig machenden Kirche zurückkehren und darf frohlocken i

Und die alten Mauern von Lehnin und Chorin werden wieder entstehen Und die Geistlichkeit steht wieder da nach alter Weise in Ehren Und kein Wolf stellt mehr dem edlen Schafstalle nach.

Als die Totenglocke über Friedrich Wilhelm III., dem 11. in dieser Reihe erklungen war und ein neuer Zoller den Thron seiner Väter be­stiegen hatte, da tauchte die Lehniner Weissagung allmählich in das Meer der Vergessenheit wie das ehrwürdige Kloster selbst, seitdem der 1. llohenzollernkönig in das Grab gesunken war. Schwere Schicksals­stürme durchbrausten in der Folge die Mark und gingen auch an Lehnin nicht spurlos vorüber: was von der Furie des 30jährigen Kriegs ver­schont geblieben war, das fiel nun neuen Wettern und dem langsam, aber sicher arbeitenden Zahn der Zeit zum Opfer. Die Stätten, in denen einst das Glöcklein des Meßners zum Dienste des Höchsten gerufen hatte, die Hallen, in welchen sich fröhliches Jägervolk getummelt hatte, waren zum großen Teile eingestürzt und dem gänzlichen Verfall nahe. Da erstand dieser Perle märkischer Geschichte und Architektonik wiederum aus dem edlen Hause der Hohenzollern in Friedrich Wilhelm III. ein Freund und Retter. Vorarbeiten zur Restaurierung der alten Kloster­kirche in ihrem ursprünglichen Glanze wurden unter diesem schwer geprüften Fürsten in Angriff genommen und unter seinen Nachfolgern, insbesondere unter Friedrich Wilhelm IV., fortgesetzt. Im Frühjahr des Wonne- und Glanzjahres 1871 begann der eigentliche Restaurationsbau und am 24. Juni 1877, einem Sonntage, wurde das neue Gotteshaus in Anwesenheit des damaligen Kronprinzen, späteren Kaisers Friedrich, geweiht. Die Schlußworte der Lebninschen Weissagung waren in Er­füllung gegangen, wenn auch in anderem Sinne, wie der Verfasser sie dereinst gemeint hatte.

Seit jenem denkwürdigen Junisonntage sind nunmehr 30 Jahre übers Land gezogen, Jahre stiller, aber rastloser Friedensarbeit. Wie der Ausbau des Reiches während dieser Zeit rüstig fortschritt, so wuchs auch der Wohlstand seiner Einwohner und Gemeindewesen. Das sehen wir auch deutlich an Lehnin.

Inmitten von Kiefernwaldungen, deren schwermütige Kronen hoch zum märkisch-blauen Himmel ragen, baut sich die Ortschaft auf, im weiten sanft geschwungenen Bogen, zwischen lauschigen Seen, in grüner Niederung, die zum großen Teil erst harte Mönchsarbeit dem dunklen Wasser abgerungen hat. In tiefen Furchen zieht sich die Dorfstraße lang hindurch, eingesäumt von Gehöften, Häusern und Häuschen, mit ziegelglasierten Dächern, Vorgärten und großen Hintergärten, Veranden,