Fragekasten.
M. N. Faselschweine — Fresser — Güstvieh heißen die von Ihnen gemeinten Schlachtviehbezeichnungen, welche auf dem Berliner Schlacht- und Viehmarkt bekannt sind. Faselschweine heißen die jungen Schweine etwa bis zum Anfang des zweiten Lebensjahres von dem Augenblick ab, wo sie zu saugen aufhören. — Fres ser sind Kälber, welche nicht mehr saugen und schon anfangen Rauhfutter zu fressen. Seit etwa zwei Jahren werden sie auf dem Viehhof unter der Rubrik „Zeugrinder“ geführt, — Über Güs.t- vieh teilt unser aus dem osthavelländischen Kreise stammendes Mitglied Rektor Otto Monke folgendes mit:
Giistes Vieh. Eine Kuh, bei welcher die Hoffnung auf ein freudiges Familienereignis fehlgeschlagen war, hieß im Havellande (L ietzo w bei Nauen um 1870) „ giist“ . Der Ausdruck kommt auch bei Büsching (Reise nach Kyritz) vor. Nach B. hatte die Stadt Bernau 1779 288 Hämmel und Giiate- Vieh und 603 Melkschafe. Da die Rinder an einer andern Stelle aufgeführt werden, so ist anzunehmen, daß hier mit dem Güste-Vieh Schafe gemeint sind. Schafmilch habe ich jedoch weder in Barnim, noch früher im Havellande kennen gelernt. Der Ausdruck giist kommt auch in Campe’s Wörterbuch (1808) vor. In den Niederbarnim<?r Dörfern waren 1778 vorhanden 47344 Melksch afe und 23520 Stück „Ilämmel und Güste-V ieh“.
Anmerkung. Der Ausdruck „güst“ , „güstes Vieh“ u. s. f. ist noch heut überall in der Provinz Brandenburg üblich, auch auf dem Berliner Schlacht- und Viehhof fiir Kühe und weibliche Schafe, die nicht trächtig und nicht milchgebend sind, allgemein bekannt. Schafmilch ist mir aus der Provinz Brandenburg bekannt, u. a. von Scharfenberg, der im Tegeler See belegenen, unserm Mitglied Dr. Carl Bolle gehörigen Insel. E. Friedei.
M. W. Was ist Rechnei? Der Ausdruck Rechnei ist mir aus Norddeutschland ganz unbekannt; eventuell wird um Widerlegung gebeten. Im westlichen Mittel - Deutschland ist er dagegen üblich und bedeutet die Abteilung für das Rechnungswesen in den größeren Städten z. B. Frankfurt am Main. Rechnei würde also etwa unserm urdeutschen Begriff „Kalkulatur“ entsprechen und ist analog gebildet wie Auskunftei, Komthurei, Vogtei u. dgl.
E. Friedei.
O. G. Bauw ich und Weichbild. Was besagt der vielgebrauchte bauliche Ausdruck Bauwich und wie ist er sprachlich zu erklären?
Unter Bauwich wird baupolizeilich jetzt nur etwas Negatives in den Bauordnungen für Berlin und manche Vororte verstanden. So heißt es z. B. in der Polizei-Verordnung vom 11. August 1899 betr. Baubeschränkungen der Schöneberger Wiesen (Hansa-Viertel): „Die Vorderhäuser und Seitenflügel müssen mindestens 3,75 m von den Nachbar grenzen entfernt bleiben“. Das ist der Bauwich. Für die Landgrafenstraße heißt es: „Je zwei Nachbargebäude dürfen jedoch unmittelbar aneinander errichtet werden, wenn jedes im übrigen den BatLwich von 5,34 m enthält und die Frontlänge der beiden Gebäude zusammen nicht mehr als 40 m beträgt; bei den Eckhäusern braucht in diesem Falle ein Bauwich nicht inne gehalten werden“.