Heft 
(1908) 17
Seite
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Friedrich Wienecke.

1705 wurde das benachbarte (Diekinannsche) Haus unter Angabe einer Baracke gekauft und als Wohnhaus für den zweiten Lehrer ein­gerichtet. Auf dem geräumigen Hof erbaute man ein Lazarett und ein Garnisonwaisen- und -Armenhaus. Die Zahl der Lehrer wurde vermehrt. 1706 stellte man einen Rektor an, und mit ihm wirkten der Kantor, Organist und Küster der Garnisonkirche und außerdem zwei, bzw. drei außerordentliche Lehrer. Die Mädchen erhielten von einer Lehrerin Unterricht im Lesen und Nähen; die Waisenmädchen wurden von der Waisenmutter und die Waisenknaben in der Garnisonschule unterrichtet. Gleichzeitig erfuhr die Zahl der Lehrgegenstände eine Vermehrung. Man blieb nicht mehr bei dem Latein stehen, sondern nahm Griechisch und Hebräisch mit in den Lehrplan auf. Die Garnisonschule war keine Elementarschule mehr, sondern eine Lateinschule.

Es wurde in der Latinitaet die Grammatica Langiana nebst bey- gefügten Colloquiis und anstatt der sonst gewöhnlichen Auctorum Classicorum des Erasmi Koterdami Miles Christianus wie auch die Libri Symbolici tractiret. Im Griechischen wurde nebst der kleinen Hallischen Grammatica das Neue Testament und im Hebräischen der Genesis und die Psalmen Davids exponiret, wobey Michaelis Hebräische Grammatica nebst Accentuation tractiret worden. Nach Johann Friedrich Walther. S. 44 u. 45.

Die Kosten der Unterhaltung wurden aus der Garnisonkirchen- und Armenkasse bestritten, deren Einkünfte sich aus folgenden Einnahmen zusammensetzten:

1. Aus den monatlichen Beiträgen der Berliner Regimenter:

a) Grenadiergarde.39 TI. 14 Gr.

b) Füsiliergarde.70

c) Leibregiment.. 42 16

2. Aus dem Klingelbeutel. 2030 TI.

3. Aus der Büchse am Spandauer Tor. . . 2030

4. Aus dem Armenbecken.4 5

Doch nur kurze Zeit dauerte die Blüte der Garnisonschule. Dem schnellen Aufstieg folgte ein jäher Rückschritt. Die ganze Einrichtung entsprach nicht dem nüchternen, praktischen Sinn Friedrich Wilhelms des Ersten. Er kassierte die Beiträge der Regimenter und hob die Tor- biichse auf. Das Garnisonwaisen- und -Armenhaus wurden aufgelöst, die Waisen dem großen Friedrichs-Waisenhaus und die Armen der Stadt Berlin zur Unterhaltung überwiesen. Die Schule erfuhr eine Herab­minderung der Lehrkräfte und Lehrziele; sie wurde eine Bürgerschule, und eine Trennung der Kinder nach Geschlechtern fand nicht mehr statt. Das Maß des zu vermittelnden Stoffes und die Art und Weise des Unter­richts wurde durch folgenden Lehrplan genau bestimmt 1 ):

b Johann Friedrich Walter. 8. 153ff.