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Friedrich Wienecke.
gebracht wird, wobey alle, welche zusammenlesen können, mit nach- lesen müssen.
Wenn solches geschehen, so wird denen Grossem das, so ihnen Vormittags dictiret worden, corrigiret, wobey sie zur Orthographie angewiesen werden. Wonach die grösseren Kinder alle nach Vorschriften schreiben, währender Zeit die kleinen lesen und buehstabiren.
Von 3 bis 4 Uhr werden einige zum Rechnen und Zahlen schreiben angeführet, unterdessen die andern das ihnen aus dem Catechismo aufgegebene Stück auswendig lernen. Die Kleinesten aber zum zweyten mal buehstabiren und denenselben zum Beschluss der wöchentliche Spruch vorgesaget, hiernechst dann um 4 Uhr mit Gebet und Gesang geendigt wird.“
Die Explosion des Pulverturms am 12. August 1720 hatte auch für die Garnisonschule verderbliche Folgen. Das Schulhaus wurde zerstört und unter seinen Trümmern 35 Kinder im Alter von 4—11 Jahren begraben. Der Garnisonküster wurde mit seinem Sohn getötet und der Rektor schwer verwundet. Der König kaufte das Haus des Obersten von Glasenapp und bestimmte es zum Schulhaus, das mit der einfachen Inschrift „Garnisonschule 1722“ versehen wurde. Nach Fertigstellung der notwendigsten Reparaturen, denn auch das llaus hatte durch die Explosion gelitten, konnte in der ersten Adventwoche 1720 der Unterricht wieder begonnen werden. Doch waren die Raumverhältnisse völlig ungenügend. 200 Kinder mußten in einem Raume von drei Lehrern in drei Abteilungen gleichzeitig unterrichtet werden. Die Klage des Organisten Walther, der eine Beschreibung der Garnison-Kirche und Schulanstalt verfaßt hat, ist wohl zu verstehen:
„Allein, es wird auch ein jeder, der nur einigermassen in Schul- Sachen oder Erziehung der Jugend Einsicht hat, gar leicht begreifen, wie mijhsam und schwer solche Arbeit bey gedachten Umständen sey.
Denn da man eine so grosse Anzahl Kinder beyderley Geschlechts in einer einzigen Stube beysammen haben muss, so ist daraus abzunehmen, was für Staub, Hitze und andere Beschwerlichkeiten mit der Information vergesellschafftet; zugeschweigen des unruhigen Verhaltens, derer meistentheils kleinen und unerzogenen Kinder, wodurch man öffters gestöret und abgehalten wird, ein niehrers auszurichten.
Hierzu kommt noch, dass gedachte Schul-Stube also liegt, dass alles Geräusch von der Strasse dahinein dringet, so dass man öffters darinn sein eigen Wort kaum höret. Überdem auch die im Sommer darauf fallende Hitze der Sonnen sowohl Lehrende als Lernende sehr abmattet.
Jedoch diesen Beschwerlichkeiten mögte künfftig unter Göttlichem Beystande können abgeholfen werden, immassen dazu Ein hiesiges Hochlöbliches Gouvernement auf die deshalb zu thuende gute Vorschläge hoffentlich allen möglichen Vorschub und Förderung leisten wird.“