Heft 
(1908) 17
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9. (7. außerordentliche) Versammlung des XVII. Vereinsjahres.

walde noch weitere 12 gesellten, um unter Führung des Geh. Regierungs­rates Herrn Friedei der Hauptstadt des ehemaligen Markgrafentums Schwedt einen Besuch abzustatten. Die ehemalige Residenzstadt Schwedt, gleichmäßig ausgezeichnet durch seine merkwürdige Geschichte, durch seine eigenartige Industrie, sowie durch außerordentliche landschaftliche Reize, liegt an den beiden brandenburgischen Verkehrsstraßen nach Stettin zu Wasser und zu Lande und gleichzeitig als Knotenpunkt des Verkehrs an dem alten Wege, welcher die waldreiche Neumark mit der Ackerbau treibenden Uckermark verbindet. Im Norden schweift der Blick bis zum hohen, mächtigen, den Wandel der Zeiten überdauernden Rundturm 1 ), an dessen Fuß die Weise wie vor einem halben Jahrtausend leise plätschernd vorüberzieht. Die letzten Reste des alten Feldstein­gemäuers der zerstörten Burg an der Gartzer Straße bei Vierraden sind zu einer Tabaksscheune umgebaut worden Auf der Feste saß gegen Ende des 15. Jahrhunderts ein Graf von Hohenstein, in dessen Hände die Stadt Schwedt im Jahre 1481 durch Kauf überging, nachdem die­selbe seit einem Menschenalter Gegenstand des Streites zwischen Pommern und Brandenburg gewesen war. Schon Kurfürst Friedrich 1. hatte den Besitz der Stadt erstrebt; Friedrich II. erreichte ihn und Albrecht Achilles verteidigte die erworbenen Rechte gegen die Pommerherzöge Bogislaw und Wratislaw. Im Jahre 1609 fielen Stadt und Schloß Schwedt an das kurfürstliche Haus zurück; der Große Kurfürst verpfändete die Herr­schaft Schwedt an den schlesischen Grafen von Varrenbach. Dorothea, die zweite Gemahlin des Großen Kurfürsten, löste sie für 26 500 Taler wieder ein, vergrößerte sie durch Zukauf und bildete aus diesem Besitz, der zwei Städte und 19 Dörfer mit 4 Quadratmeilen Landes umfaßte, die sogenannte Markschaft Schwedt, einen Staat im Staate, ein seltsames Gebilde mit allen Vorzügen und Schwächen der Kleinstaaterei. So war Dorotheas Wunsch, auch ihrem zweiten Sohne, Philipp Wilhelm, für den eine Erbteilung wie zu Zeiten Joachims I. nicht durchzusetzen war, ein selbständiges Fürstentum zu verschaffen, erfüllt und eine regierende Nebenlinie des Hauses Hohenzollern entstanden. Aber nur 3 Regenten, Philipp Wilhelm (16901711), dessen Sohn Friedrich Wilhelm, dertolle Markgraf (17111771) und dessen Bruder Friedrich Heinrich, derver­gnügte Markgraf im lustigen Oderstädtchen (17711788) führten das markgräfliche Zepter; dann starb mit dem kinderlosen Friedrich Hein­rich die dem Großen Friedrichverhaßte Rasse aus. Doch treten im Bilde der Stadt und ihrer Umgebung noch heut die Züge hervor, welche Dorothea und ihre Nachkommen unverkennbar eingegraben haben. Die

) Der Turm der alten Vierradener Feste heißt im Volksmunde hier und da derMäuseturm; doch ist diese Bezeichnung nicht allgemein bekannt. Angeblich soll der Name dadurch entstanden sein, daß sich in dem Turm früher große Scharen von Mäusen aufhielten.