Lausitzer Hochzeitsbräuche.
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mit erhobenen Flügeln nnd lautem Geschnatter begrüßen. Bald sind die Gäste vor dem auf einer kleinen Anhöhe liegenden Gotteshause angelangt. Weihevoller Orgelklang empfängt die Eintretenden. Geräuschlos nehmen alle Platz. Eindringlich und zu Herzen gehend redet der Pastor zu dem Brautpaar, das eng aneinander geschmiegt steht, damit nicht böse Mächte sich zwischen dasselbe drängen. Überall kommen Taschentücher zum Vorschein, um die hervorquellenden Tränen zu trocknen, und bei den Frauen hört man sogar heimliches Schluchzen. Es werden die Ringe gewechselt, der Geistliche erteilt den Segen, und die ernste Feier ist beendet. Vor der Kirche erfolgt nun unter kräftigem Händedruck die übliche Gratulation. Dann rüstet sich alles zum Rückzuge. Jubelnd zieht die festliche Schar heim. Aus alten Büchsen werden Freudenschüsse abgegeben, welche die unsichtbaren Geister von dem jungen Paar verscheuchen sollen. Die Braut darf sich nicht umsehen, w 7 eil sie in dem Falle nach einem zweiten Manne Umschau hält und darum bald Witwe werden wird. Plötzlich muß der Zug halten. Übermütige Burschen haben über die Dorfstraße eine Leine gezogen und entfernen diese erst nach Zahlung eines bestimmten Sperrgeldes. Mehrmals wiederholt sich dies bis zum Hochzeitshause, wo darauf die vorgeschriebenen Ehrentänze von der Braut und dem Bräutigam mit den Honoratioren ihre Erledigung finden.
Inzwischen ist das Mahl angerichtet, bei dem größtenteils die Quantität den Ausschlag gibt. Die gelbe Suppe, ein Gemisch von Braunbier und Milch mit Rosinen, Kuchenwürfeln uud Safran, bildet den ersten Gang, dem sich als Zwischengericht Milchreis mit Rosinen anschließt. Besonders beliebt ist in Pfannen gebackener Quark, frischer Weichkäse mit Mehl, Eiern, Butter, Zucker und Rosinen. Das Hauptgericht besteht in gebratenem Schweinefleisch mit dünner Sauce, auch wohl in Rindfleisch mit Meerrettich, außerdem werden noch je nach der Jahreszeit Erbsen, Kalbs- oder Gänsebraten, Schwarzsauer herumgereicht. Die mehr als reichlichen Portionen sind so groß geschnitten, daß selbst die Bauern mit ihrem sonst gesegneten Appetit das Gewehr strecken müssen. Aber sie verstehen sich zu helfen. Die Überbleibsel wandern in mitgebrachte Töpfe, um für später noch ein Mahl zu bilden. Dieses „Essenteilen“ ist jedoch nur auf großen Hochzeiten üblich, weil es bei der Fülle der Speisen nicht so darauf ankommt. Sogar die Armen und Mclitgeladenen bedenkt man mit einer Schüssel, und die Kinder auf der Straße erhalten ein großes Stück Kuchen. Für die nötigen Getränke haben die Gäste gemeinschaftlich zu sorgen, und erfreut sich das süße Lübbener allseitiger Bevorzugung. Beim Hochzeitsmahl überreichen die Gäste auch ihr Geschenk in klingender Münze. Zu dem Zweck verschafft sich ein kleines Mädchen einen Schuh der Braut. Dieser macht an der Tafel die Runde, und jeder legt seine Gabe nach Gutdünken in denselben. Der Bräutigam