152 Binder, E., Heimberg, U., Heintz, S., Reiche, S., und Seidenstücker, G.
Für das Fach Deutsch(Lesen und Schreiben) waren zu Beginn der Therapie vom Lehrer Lernziele formuliert worden. Der Lehrer hatte zur Überprüfung der Lernzielverwirklichung einen informellen Leistungstest entworfen. Im Test wurde das Erkennen aller Groß- und Kleinbuchstaben des Alphabets und das Lesen und Schreiben von Wörtern unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades gefordert. Zu 80% wurden die Lernziele von der Klasse erreicht. Toni, Sigrid und Klaus machten noch relativ viele Fehler. Ohne sie liegt das Klassenergebnis bei 90% erreichten Lernzielen.
Das Leistungs- und Sozialverhalten der Schüler hat der Lehrer vor und nach der Therapie mit einem Fragebogen(FLS) eingeschätzt. In zwei von elf Beurteilungsgesichtspunkten ergaben sich signifikante Urteilsänderungen (p<.01) im Sinne des Therapieziels. Nach Urteil des Lehrers erwarteten die Schüler deutlich weniger Hilfe bei ihren Aufgaben und zeigten während des Unterrichts wesentlich weniger Störverhalten(Schwätzen, Umherlaufen).
Über den gesamten Untersuchungszeitraum wurde das Verhalten der Schüler mit dem VBBS registriert. Der Beobachtungsbogen enthält Kategorien für erwünschtes und unerwünschtes Verhalten. Mit den VBBS-Daten lassen sich also therapiebedingte Änderungen im Sinne einer Steigerung erwünschten und einer Minderung unerwünschten Verhaltens belegen. Zunächst prüften wir die Hypothese, daß die erwünschten Verhaltensweisen — aktive und passive Teilnahme am Unterricht— unter Therapiebedingungen deutlich häufiger als im therapiefreien Zeitraum(Grundrate und Reversal) auftreten und daß die unerwünschten Verhaltensweisen— wie in die Klasse schreien, träumen und sich ablenken lassen— unter Therapiebedingungen deutlich seltener als ohne Therapie vorkommen. Die Datenprüfung erfolgte mit Hilfe der Rangvarianzanalyse. Der Kontrast der Therapiephasen gegen alle therapiefreien Beobachtungszeiträume führte zu folgenden Ergebnissen: die aktive Unterrichtsteilnahme lag unter Therapiebedingungen deutlich höher(p<.01) als ohne Therapie. Für die passive Unterrichtsbeteiligung ergaben sich keine Unterschiede. Bei den unerwünschten Verhaltensweisen waren erwartungsgemäß Unterhaltung mit dem Nachbarn, Entfernen vom Platz, in die Klasse schreien und Ablenkungen unter Therapiebedingungen signifikant seltener(p<.05). Die übrigen Formen unerwünschten Verhaltens traten selten auf. Ihre Unterschiede erwiesen sich als nicht bedeutsam. In Abbildung 4 sind die Durchschnittswerte der Klasse in den erwünschten und den unerwünschten Verhaltensweisen dargestellt.
Zur Analyse der Zeitreihe Grundrate—Therapie haben wir den Vorzeichen-Trend-Test von Cox und Stuart(Lienert 1973) verwendet. Wir erhielten einen auf dem 1%-Niveau signifikanten positiven Trend. Das stimmt mit dem bereits berichteten Ergebnis der Rangvarianzanalyse überein. Beide Analyseverfahren weisen also die Effektivität der Intervention gemessen an der Steigerung erwünschter und der Minderung unerwünschter Verhaltensweisen nach.
Da wir zwei Interventionsformen verwendet haben, wurde die Frage geprüft, ob Effektivitätsunterschiede zwischen der Therapiephase 1 und der Therapiephase 2 bestehen. Die Analyse ergab, daß hinsichtlich der erwünschten Verhaltensweisen die Ergebnisse der Therapiephase 2 besser ausfielen als
