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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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154 Binder, E., Heimberg, U., Heintz, S., Reiche, S., und Seidenstücker, G.

selbständigen Handhabung der Aufgabenblätter hatten. Ebenso wurde die Selbstbekräftigung nach erfüllten Arbeitsverträgen von allen verstanden. Die selbständigen Arbeitsphasen während des Unterrichts verliefen nach diesen Prinzipien deutlich störungsfreier als nach dem bis dahin in der Klasse üblichen Arbeitsmodus. Von besonderem Interesse war das Verhalten der Schüler bei den Anforderungen des Vergleichens, Identifizierens, Bewertens und Korrigierens, die in der zweiten Therapiephase als Selbstkontrollnormen erfüllt werden sollten. Auch hier beobachteten wir, daß die Schüler nach anfänglichen Einhilfen bald in der Lage waren, alle Anforderungen allein zu erfüllen. Mit wachsender Selbständigkeit der Schüler wurden die beiden Therapeuten allmählich zurückgezogen. Die Aufgabenkontrolle wurde dann von den Schülern ohne unmittelbare externe Überprüfung durchgeführt. Selbst unter diesen Bedingungen hielten sich die Fehlbewertungen und die daraus folgenden ungerechtfertigten Selbstbekräftigungen in Grenzen. Bei Überprüfung erwiesen sich nämlich 78% der Selbstbewertungen als korrekt. Der Lehrer konnte demnach den gesamten Therapieablauf allein leiten.

Die Auswertung des Verhaltensbeobachtungsbogens für den Lehrer (VBBL) wies keine signifikanten Änderungen des Lehrerverhaltens über den Untersuchungszeitraum auf. Die differentiellen Änderungen des Schülerver­haltens dürften deshalb kaum auf das relativ konstante Interaktionsverhalten des Lehrers rückführbar sein.

Nach Abschluß der Therapie beurteilte der Lehrer ihren Verlauf. Aus seiner Sicht war das Ergebnis der Intervention durchweg positiv. Alle Ände­rungen, die er im Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler wahrgenommen hatte, betrachtete er als erwünscht. Die Übertragung der Effekte auf andere Unterrichtsstunden war seinem Urteil nach sehr deutlich. Besonders im Rechnen verlief der Unterricht wesentlich ruhiger, da die Schüler auch hier größere Selbständigkeit im Umgang mit den Aufgaben zeigten.

Vier Monate nach Abschluß der Therapie haben wir in einer Nachunter­suchung die Stabilität der Therapieeffekte überprüft. Die Ausgangsklasse war inzwischen auf zwei andere Klassen aufgeteilt. Wir haben fünf Tage lang das Verhalten aller Kinder auch derjenigen, die nicht am Therapiepro­gramm teilgenommen hatten mit dem VBBS in der nunmehr veränderten Klassenumgebung registriert. In der Datenanalyse wurden die Ergebnisse der therapierten Schüler in erwünschten und unerwünschten Verhaltensweisen während der Nachuntersuchung mit den analogen Daten aus der zweiten Therapiephase und zweiten Reversalphase verglichen. In beiden Vergleichen lagen keine überzufälligen Unterschiede vor. Das spricht für die zeitliche Stabilität der Therapieeffekte. Dieser Befund wird dadurch unterstrichen, daß auch beim Vergleich der Daten von therapierten und nicht therapierten Kindern diejenigen mit Therapie im VBBS signifikant besser(p<.01) ab­schnitten als die Schüler ohne Therapie: sie nahmen nämlich häufiger aktiv und passiv am Unterricht teil und zeigten weniger Störverhalten.

Diskussion

Das Hauptergebnis unserer Untersuchung sehen wir darin, daß es im Rahmen von Verhaltensverträgen mit spezifischen Interaktionsregeln, die