172 Theodor Ehlers
Es wurde davon ausgegangen, daß ein vorhandener Zusammenhang zwischen Test- bzw. Ratingergebnis einerseits und dem Verhalten andererseits um so deutlicher in Erscheinung tritt, je freier die Versuchsperson in der Wahl ihrer Verhaltensweisen während der Phase der Verhaltensregistrierung ist. Ein Optimum hinsichtlich der Realisierbarkeit von sozialen Verhaltensweisen, die ein Kind bei realistischer Selbstdarstellung sich zuschreiben würde, schien uns das freie(ungelenkte) Spiel mit einem gewissen Angebot an(bekannten) Spielpartnern zu gewährleisten.
Ein weiteres Problem war bei der Auswahl der Versuchspersonen und der Rater zu berücksichtigen. Um für die Ratingvariable den Einfluß unsystematischer Beurteilungsfehler gering zu halten, sollten möglichst viele Kinder von möglichst wenig Ratern beurteilt werden. Diese Forderung war im vorliegenden Falle nur erfüllbar bei Heimkindern mit ihren Erziehern als Urteiler oder bei Schulkindern, wo die Lehrer entsprechende Urteile abgeben konnten. Wir entschieden uns gegen die zuletzt genannte Konstellation, unter anderem wegen der Begrenzung des fraglichen Verhaltens in der Schulsituation. Bei einer Heimkinderstichprobe stellt sich unter Umständen allerdings das Problem der Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse.
Im einzelnen sollte also überprüft werden, ob als„aggressiv“ beurteilte Heimkinder im Vergleich zu Kindern, die als„wenig aggressiv‘ beurteilt werden, während des freien Spieles häufiger aggressives Verhalten zeigen und P-F S-Ergebnisse aufweisen, die nach dem Testkonzept im Sinne erhöhter Aggressivität interpretiert werden. Als P-F S-Merkmale für Aggressivität gelten zum Beispiel überdurchschnittlich hohe Extrapunitivitätswerte, insbesondere auch eine große Häufigkeit des Faktors E bei gleichzeitig unterdurchschnittlichen Werten bei den beiden anderen Aggressionsrichtungen (vgl. auch Tabelle 1). 1
In Bezug auf die Eigenart des Stimulusmaterials der P-F S sollte dabei die Frage beachtet werden, ob etwa vorhandene Kriteriumsbeziehungen enger ausfallen für Bilder, bei denen der Frustrator ein Kind ist, gegenüber Bildern, bei denen der Frustrator als Erwachsener auftritt.
Auch der Geschlechterabhängigkeit des aggressiven Verhaltens sollte Beachtung geschenkt werden. Da für die P-F S bisher keine Geschlechterunterschiede aufgezeigt werden konnten, stellt sich hier die Frage, ob es Anteile aggressiven Verhaltens beim freien Spiel gibt, für die keine Geschlechterunterschiede bestehen, und ob diese Anteile einen engen Zusammenhang mit den Testvariablen aufweisen. Im ersten Teil des Berichts war die Möglichkeit diskutiert worden, daß hinsichtlich verbaler Aggressionen keine Geschlechterunterschiede bestehen und daß entsprechend keine Unterschiede bei der P-F S auftreten, weil dort Merkmale verbaler Aggressionen erhoben werden.
2.2. Methode
2.2.1. Versuchspersonen. Bei den Versuchspersonen(Vpn) handelte es sich um 12 Bewohner eines Kinderheims der Wohlfahrtverbände in einer westdeutschen Großstadt und um 16 Kinder aus einem in der Nähe des Heimes gelegenen Kinderdorf. Die Hälfte der Stichprobe bestand aus