Zeitschrift 
Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
Seite
190
Einzelbild herunterladen

190 Peter Becker und Armin Schmidtke

Im Gegensatz zu den gerade dargestellten Arbeiten fanden eine Reihe von Autoren positive, z. T. sogar recht hohe Beziehungen zwischen Intelligenz und Lernen(z.B. Garrett, 1928; Tilton, 1949; Peel, 1952; Wiseman, 1954; Berkson u. Cantor, 1960; Ellis u.a., 1960; Jensen, 1963, 1965; Kanter, 1967; Jensen u. Rohwer, 1968; Rapier, 1968).

McGeoch u. Irion(1952, S. 562) zogen nach Durchsicht der widersprüch­lichen Literatur folgende Bilanz:Das Lernen ist sowohl bzgl. seiner Rate als auch seines Umfangs teilweise durch die Intelligenz determiniert. Diese Beziehung ist jedoch nicht beeindruckend hoch, und es wäre unklug anzu­nehmen, daß die Lernfähigkeit und die Intelligenz identisch sind oder daß es so etwas wie eineallgemeine Lernfähigkeit gibt. Die Fragwürdigkeit des Konzeptesallgemeine Lernfähigkeit wurde aus einer Reihe von Unter­suchungen deutlich, in denen Lernmaße, die sich auf unterschiedliche Lern­inhalte bezogen, nicht oder nur niedrig interkorrelierten(vgl. Garrett, 1928; Woodrow, 1945, 1946; Rapier, 1962; Kanter, 1967; Jensen, 1970; Guthke, 1972).

Eine Reihe von Autoren gaben sich mit der oben zitierten Problemana­lyse von McGeoch u. Irion(1952) nicht zufrieden und suchten nach Grün­den für die widersprüchlichen Ergebnisse. Dabei wurden folgende Erkennt­nisse gewonnen:

Eine Vielzahl einschlägiger Untersuchungen weisen z. T. schwerwiegende methodische Mängel auf.

DieTestdecke ist zu niedrig, so daß leistungsstarke Vpn nach einer kurzen Lernphase keine weiteren Fortschritte machen können, da sie be­reits die Maximalleistung erreicht haben.

Die Lernaufgabe ist zu leicht oder zu kurz, so daß sich bestehende Unter­schiede im Lernvermögen nicht manifestieren können.

Lernfortschritte auf verschiedenen Lernniveaus sind nicht vergleichbar, da die verwendete Meßskala kein Intervallniveau besitzt.

Die zur Messung des Lernens verwendeten Differenzwerte zwischen Aus­gangs- und Endniveau haben eine geringe Reliabilität.

Es ist notwendig, den globalen BegriffIntelligenz aufzudifferenzieren und nach Beziehungen zwischen spezifischen Intelligenzkomponenten bzw.-faktoren und Lernmaßen zu suchen(vgl. Guilford, 1956; Cattell, 1963; Jensen, 1970).

Die Enge des Zusammenhangs zwischen Intelligenz und Lernen hängt da­von ab, ob als Intelligenzmaß dasgeistige Alter oder der Intelligenzquo­tient verwendet werden. Der Intelligenzquotient scheint stärker als das Intelligenzalter ein Maß für die Geschwindigkeit der Aneignung von Lern­inhalten(Lerntempo) zu sein.

Es gibt Hinweise darauf, daß die Beziehung zwischen der Intelligenz und dem Lernvermögen in bestimmten Aufgabentypen nicht linear ist(vgl. Ellis u.a., 1960).

Verschiedene Untersuchungen sind nicht miteinander vergleichbar, da in der einen die Lernfähigkeit ohne pädagogische Hilfestellung analysiert wurde, während in einer anderen die bestehenden Unterschiede im Lern­vermögen teilweise durch unterschiedlich intensive individuelle Lernhilfe verwischt wurden.