216 Fredi Büchel
Eine Prüfung über die Wahlen 1—29 erlaubte keine Verwerfung der Nullhypothese(x2= 3,72< 6,64 bei«= 0,01; df= 1). Dies widerspiegelt die Tatsache, daß die Kurvenverläufe in Abb. 4 sich nur in den Wahlen 3—17 deutlich unterscheiden. Eine Prüfung über die Wahlen 3—17 erlaubte denn auch eine Verwerfung der Nullhypothese(x2= 8,4> 6,64 bei«= 0,01; df= 1).
7. Diskussion
Der Verlauf der Kurven in Abb. 4 und auch theoretische Überlegungen legen eine Unterteilung der concept-I1-Phase in drei Unterphasen nahe. Die Wahlen 1—3 können als Umstellphase bezeichnet werden. Für eine normalintelligente erwachsene Vp sind nach dem shift mindestens 2 und höchstens 3 Wahlen nötig bis zum Erwerb des neuen Konzepts, dies unter der Voraussetzung von einsichtigem Lernen. Bei dieser Voraussetzung setzt jedoch bereits die erste Kritik an. Fritz(1974, 437) bezeichnet die Kendlersche Formulierung der Mediationstheorie als‘very vague about how various stimulus conditions would affect the mediating process’’. Dabei scheint allerdings der von Fritz im weiteren gemachte Einwand,‘*that in order to be able to label a stimulus dimension(either overtly or covertly) one must be able, first, perceptually to abstract that dimension from the stimulus whole“(437) weniger schwerwiegend als die Tatsache, daß keine Angaben gemacht werden können, ob beim reversal-shift tatsächlich eine verbale Mediation angenommen werden muß oder ob auch nicht-sprachliche Formen der Mediation in Betracht gezogen werden können.
Die Klärung dieser Frage würde eine Interpretation der 2. Subphase erleichtern. Unter der Voraussetzung verbaler Mediation können wir mit Hinweis auf die Ergebnisse der free-recall-Forschung sagen, daß ein reversal-shift leichter war, weil das Begriffspaar groß-klein resp. hell-dunkel semantisch enger ist als das Begriffspaar weiß-groß resp. klein-schwarz. Damit ließen sich die Ergebnisse des vorliegenden Versuchs zugunsten spontaner aktiver Organisationstätigkeit geistigbehinderter Kinder interpretieren. Der unterschiedliche Kurvenverlauf wäre dann auf die Variable„Geläufigkeit der möglichen verbalen Mediatoren“ zurückführbar. Bei dieser Interpretation weichen wir allerdings insofern vom neobehavioristischen Ansatz der Kendlerschen Versuche ab, als wir auch den nonreversal-shift mediatorisch deuten. Kendler (1972) hat vorgeschlagen, bei der Untersuchung von kognitiven Organisationsprozessen zu unterscheiden zwischen Mediationsuntersuchungen(mediational style) und Kognitionsuntersuchungen(cognitive style). Als Zuordnungskriterium wird die Komplexität der verwendeten Stimuli genannt. Der mediational style arbeitet mit einfachen experimentellen Anordnungen, ist lerntheoretisch orientiert und bedient sich einer neobehavioristischen Terminologie. Der cognitive style beschäftigt sich mit komplexen Prozessen, ist wahrnehmungstheoretisch orientiert und formuliert seine Aussagen in einer aus der Informationsverarbeitung entlehnten Terminologie. Nach dieser Unterscheidung hätten wir uns mit der vorliegenden Interpretation bereits vom mediational style entfernt in Richtung einer konsequent kognitiven Deutung auch einfacher Lern- und Denkprozesse.— Es ist jedoch auch denkbar, daß andere