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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Das Reversal-Shift-Paradigma bei geistigbehinderten Kindern 217

als sprachliche Mediatoren interveniert haben. Längere Nachbefragungen in einem früheren Versuch(Büchel und Perrig, 1975) legen eine Art ikonischer Mediation nahe. Dies würde zu einer völlig anderen Erklärung der Überlegen­heit des reversal-shifts führen. Es wäre dann an eine eindimensionale Spei­cherung des Stimuluspaares beim reversal-shift zu denken im Gegensatz zu einer zweidimensionalen beim nonreversal-shift.

Diskriminierende Variable wäre in dem Fall die Dimensionalität des Mediators. Eine Entscheidung zwischen den beiden Arten der Mediation ist aufgrund der vorliegenden Daten nicht möglich. Um Kendler und Mit­arbeitern gerecht zu werden, sollte allerdings nicht vergessen werden, daß diese Autoren das Paradigma mit dem Ziel entwickelt haben, zu zeigen, daß es Lernen gibt, welches mit einem einfachen S-R-Modell nicht befriedigend erklärt werden kann. Dazu genügt ein Kurvenbild, wie wir es in Abb. 3 haben. Somit stellen die erhaltenen Daten mindestens eine erneute Bestätigung der Kendlerschen Ausgangsposition dar.

Etwa vom 17. Durchgang weg steigt auch die reversal-Kurve offensicht­lich nicht mehr entscheidend. Dies ist darauf zurückzuführen, daß bei der Verrechnung nicht von der Anzahl der nötigen Wahlen bis zur Erreichung des Kriteriums ausgegangen wurde, sondern von der Anzahl richtiger Wahlen bei 30 Darbietungen. Das Kurvenbild gibt somit nur die Tatsache wieder, daß einige Vpn zwar noch das concept-I lernten, daß für das concept-II hin­gegen auch 30 Versuche nicht genügten. Es fällt weiter auf, daß in der 3. Subphase sich die aus den beiden Behandlungsarten resultierenden Lei­stungen nicht mehr unterscheiden. Einfache Begriffe können von unseren Vpn also auch unter schlechten Mediationsbedingungen gelernt werden, jedoch ist dazu mehr Training nötig als unter besseren Bedingungen(rever­sal-shift).

Kann bei unseren Vpn nun von einem Produktionsdefizit im Sinne von Kendler(1972) gesprochen werden? Ein solches müßte dann angenommen werden, wenn keine Mediatoren gebildet worden wären. Wir können auf Grund der erhaltenen Resultate formulieren, daß unsere Geistigbehinderten bei zweidimensionalem Stimulusmaterial fähig waren, Größe und Helligkeit als Mediatoren zu entdecken und einzusetzen. Der Kurvenverlauf entspricht etwa dem, den wir von einer IA-Kontrollgruppe erwartet hätten, er unter­scheidet sich hingegen von der theoretisch möglichen(und von einer LA­Kontrollgruppe zu erwartenden) Maximalleistung. Ob dies auf ein Produk­tions- oder auf ein Kontrolldefizit zurückzuführen ist, läßt sich an unserem Material nicht entscheiden. Auf dieses Dilemma hat schon Brown(1974) hingewiesen im Zusammenhang mit der von Flavell(1970) eingeführten Unterscheidung zwischen Mediationsdefizit(entspricht dem Kontrolldefizit bei Kendler) und Produktionsdefizit. Führen wir nämlich keine Mediatoren von außen ein und verwendet die Vp auch keine solchen, so werden wir von einem Produktionsdefizit sprechen, auch wenn es vielleicht nur ein Kontroll­defizit war, führen wir jedoch Mediatoren ein und die Vp verwendet sie auch nicht, so können wir höchstens von einem Kontrolldefizit sprechen, auch wenn es sich um ein Produktionsdefizit gehandelt hätte. Die Unterscheidung läßt sich somit immer nur bei positivem Ausgang des Experimentes verifi­zieren.