218 Fredi Büchel
8. Implikationen für die Praxis
Grundlagenforschung stößt bei Heilpädagogen, die sich vorwiegend der Praxis verpflichtet fühlen, im allgemeinen auf wenig Verständnis. Der Praktiker möchte— begreiflicherweise— solche Ergebnisse, die möglichst schnell in Handlungsanweisungen umformbar sind. Dies geht nicht selten so weit, daß Heilpädagogen, die sich der Grundlagenforschung verpflichtet fühlen, verdächtigt werden, sich in den falschen Stall verirrt zu haben. Man unterstellt, daß es ihnen gar nicht um die Behinderten gehe, daß sie vielmehr diese nur„mißbrauchten“‘ zur Untersuchung allgemeiner Lern- und Denkprozesse. Obwohl die Ziele einer sorgfältig geplanten Untersuchung genügend Konsistenz mit der Forschungsstrategie aufweisen und damit transparent sein sollten, sind die genannten Mißverständnisse schwer zu beseitigen. Im allgemeinen kann nur wiederholt werden, was unter vielen anderen Ross (1966, 52) formuliert hat:“The best antidote for some of these detours is the realization that the accumulation of knowledge is a slow, painstaking task, and that the‘“breakthroughs”” that often excite the imagination are almost always based on a tremendous backlog of basic research.” Als vorläufiges Resultat bisheriger Untersuchungen von Mediationsprozessen bei geistigbehinderten Kindern kann immerhin gesagt werden, daß es sinnvoll ist, auch bei schwergeistigbehinderten Kindern Begriffsbildung über die Einsicht zu versuchen, daß dazu aber in der Regel besondere Lernhilfen bereitgestellt werden müssen. Ob es sich bei diesen Hilfen um das Bereitstellen von Mediatoren handelt oder ob vielmehr bestimmte Erwerbsstrategien eingeübt werden müssen, kann noch nicht entschieden werden.
Literatur
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