Störwirkungen von Geräuschen auf die unmittelbare Lernleistung 227
Zahlenrechnen und Textrechnen bleiben in beiden Intelligenzniveaugruppen hochsignifikant verschiedene Leistungsbereiche. Die Wechselwirkung Intelligenzhöhe x Aufgabenschwierigkeit ist nicht bedeutsam, das Aufgabenniveau hängt also nicht mit den Ergebnissen zusammen.
5. Diskussion
Intelligenzhöhe und Geräuschstärke variieren unabhängig voneinander, wirken getrennt auf die unmittelbare Lernleistung. Bei bedeutsamen Unterschieden im Intelligenzgrad zeigen sich keine bedeutsamen Unterschiede im lärmgestörten Leistungsverhalten. Dieser Befund gilt für verschiedene Aufgabenbereiche; unterschiedliche Schwierigkeit der Aufgaben interveniert dabei nicht. Die Resultate bestätigen in der Tendenz die von Blue untersuchten Paarassoziationsleistungen bei„mental retardates‘‘. Der Autor fand keine Signifikanz zwischen normaler/retardierter Intelligenz und 40 dB/75 dB verbaler Lautstärke(zit. bei Z/lis 1963, 153). Die aus der„stimulus-trace‘“Theorie abgeleitete Hypothese, daß die Störung des unmittelbaren Lernens durch Lärm eine Funktion des Intelligenzgrades sei, ist daher nicht verifiziert. Die Theorie von Ellis(1963) scheint auf den untersuchten Lärmbereich nicht anwendbar zu sein. Intelligenzhöhe ist bei den untersuchten Lernbehinderten kein relevantes Einteilungsmerkmal für das Auftreten von lärminduzierten Lernstörungen.
Die Beobachtung und Messung von Lernleistungen bei Reizung des ZNS durch Lärm ist ein verbreitetes Verfahren zur Erforschung der Erregung zentralnervöser Funktionskreise(vgl. Janke 1969, 66 ff.). Wenn nun ‚neurale Defizienz‘ die relative Unfähigkeit des Lernens bei zentralnervös wirkender Lärmbelastung bedeutet, dann tritt sie in beiden Intelligenzgruppen auf und ist kein spezifisches Merkmal zur Beschreibung der leichter Intelligenz-/Lernbehinderten. Die von Ellis und Spitz(1963) im Blick auf„mental retardates‘“ ausgesagten Zusammenhänge zwischen Höhe der Intelligenz und Effizienz/Defizienz der zentralnervösen Funktionskreise können bei den untersuchten, deutschen Lernbehinderten nicht vermutet werden. Es zeigen sich keine Hinweise auf„psychoneurologische Lernschwächen“‘, d.h. neurologische Dysfunktionen mit(leistungs-)psychischen Direkt- und Sekundärwirkungen, die Johnson, Myklebust(1969, 26) und Lempp(1971) und auch Hanselmann(1953) als Bedingungsfaktoren der leichteren Intelligenz-/Lernbehinderung annehmen. Vielmehr sind bei Lernstörungen/Lernbehinderung jene Auffassungen erstmals empirisch belegt, die von kaum vorhandenen neurologischen Kennzeichen sprechen(Kanter 1974, 125), dagegen bei biosozialer Kumulation der Faktoren ein Überwiegen sozio-kultureller Einflüsse annehmen(Bleidick 1972, 208 und 355; ders. 1975, 262 ff. und 271 ff.) oder„reduzierte Lernbasis‘‘(Kleber 1973, 18 ff.) feststellen.
Der zweite Haupteffekt, eine hochsignifikante Veränderung des Lernleistungsverhaltens bei Erhöhung der Geräuschstärken, gilt für beide Intelligenzgruppen. Die vorliegenden Daten zeigen, daß intelligenzhöhere wie intelligenzgeminderte Schüler gleichermaßen stark von Leistungsabfall betroffen sind. Solche Leistungsausfälle werden in der Lärmforschung als Indikatoren