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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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240 Adolf Joksch

suchung ausgewählt werden. Bei einer empirischen Untersuchung im Bereich der Heilpädagogik ergeben sich besondere Schwierigkeiten darin, daß von Fall zu Fall ziemliche individuelle Unterschiede in Leistung und Verhalten vorhanden sind, so daß kaum vergleichbare Gruppen aufzustellen sind. Dies gilt sowohl für die Ursachen, als auch für die Ausprägungen des Schwach­sinns. Denn es bedeutet einen Unterschied, ob der Schwachsinn hereditär, erworben oder nur milieubedingt ist. Bei letzterem kann am besten die Lei­stung gefördert werden, da bei Ausschaltung oder Verringerung des ungün­stigen Milieus die Leistungen gebessert werden*?). Am schwierigsten lassen sich hirnpathologisch bedingte Schwachsinnsformen beeinflussen, sie unter­scheiden sich auch stark in ihren Auswirkungen, und zwar sowohl nach der Lage des Krankheitsherdes als auch in der Ausdehnung. Asperger?3) unter­scheidet bei diesen unter dem SammelbegriffPotenzephalitische Persönlich­keitsstörungen dieAbgebauten Postenzephalitiker, dieInstinktgestörten Postenzephalitiker und dieKurzschlüssig-Enthemmten. Der gemeinsame Nenner, auf den alle diese Störungen gebracht werden können, ist, daß auf Grund der Schädigung des Gehirns die normale Integration der Persönlich­keit, die Ausbildung und Beherrschung jenes Spannungszustandes zwischen Trieb- und Instinktschicht einerseits und andererseits der Denkschicht der Persönlichkeit gestört sind. Die Unterscheidung zwischen den oben angege­benen Gruppen ist folgende: Bei denAbgebauten Postenzephalitikern sind hauptsächlich die höheren Intelligenzfunktionen wie Sprache und Den­ken gestört, während ihre Instinktfunktionen recht gut der Umwelt ange­paßt sind. Bei denInstinktgestörten Postenzephalitikern sind höhere Intel­ligenzfunktionen vorhanden, aber ihr instinktives Verhalten ist gestört, so daß sie in ihrem mitmenschlichen Kontakt schwer gestört sind. Als dritte Gruppe nennt Asperger?*) dieKurzschlüssig-Enthemmten Postenzephaliti­ker. Diese haben zwar wohl Intelligenzschicht wie auch Instinktschicht hinlänglich erhalten, jedoch werden Handlungen oft ohne kritische Über­legung gesetzt.Beide Instanzen greifen eben nicht richtig ineinander ein, die so gestörten Menschen bestehen gewissermaßen nur aus gegenwärtigen Momenten, es gibt für sie keine Vergangenheit, aus der sie lernen könnten, und keine Zukunft, auf die sie Rücksicht nähmen im ganzen eine unheim­liche Störung, welche zentrale menschliche Funktionen auslöscht, insbeson­dere die ‚Zeitfunktion3°). Asperger leitet daraus auch den Begriff des Erethismus ab, unter dem man jene Abfolge von Triebhandlungen versteht, die ständig aus dem Augenblick aufschießen, ohne tiefere Begründung, nicht in sinnvolle Zusammenhänge eingeordnet und letztlich leer und sinnlos?°). Differenziert setzt sich Busemann mit den Folgen des Ausfalles einzelner Intelligenzfunktionen auseinander, wobei er die Intelligenzdefekte in konsti­tutive und sich daraus ergebende konsekutive einteilt. Unberücksichtigt läßt er in der Einteilung der Defekte die Ursache der Entstehung des Defektes (d.h. ob er in der Anlage des Kindes gegeben, in dessen Konstitution ein­gebettet oder ob er erworben ist, also seiner Konstitution zugefügt wurde?). Der milieubedingte Schwachsinn wird dabei nicht näher berücksichtigt. Wenn für die Untersuchung trotz der aufgezeigten Schwierigkeiten das cerebralgeschädigte Kind ausgewählt wurde, so deshalb, weil bei den anderen Schwachsinnsformen hereditärer Schwachsinn und milieubedingter Schwach­