Buchbesprechung 255
angegeben, welche Literatur ihr trotz Suchens nicht zugänglich war.(Einige der gesuchten Veröffentlichungen sind in der Bibliothek der Studiengangseinheit Heil- und Sonderpädagogik der Philipps-Universität Marburg zu finden.) Ich möchte hier ergänzend noch auf fehlende Literaturangaben hinweisen, welche die Verfasserin nicht angemerkt hat: Die Erziehung und Unterrichtung des„Wilden von Aveyron‘‘ durch /ftard ist auf S. 58—60 behandelt. Dabei sind aber /tards Berichte nicht berücksichtigt, die auch in deutscher Übersetzung vorliegen: Jean Itard: Viktor das Wildkind vom Aveyron. Einleitung und Nachwort von Prof. Dr. Jakob Lutz, Zürich/Stuttgart(Rotapfel-Verlag) 1965; Malson, Lucien: Jean Itard und Octave Mannoni. Die wilden Kinder. Frankfurt(Suhrkamp) 2. Aufl. 1974(S. 114—120). Auf S. 23/24 verweist die Verfasserin auf eine Aussage von H. Damerow, wonach weder antike noch mittelalterliche Ärzte den endemischen Kretinismus erwähnen, und bedauert im Rahmen ihrer Arbeit diese Aussage nicht nachprüfen zu können. Hier hätte man eine umfangreiche Dokumentation heranziehen können: F. Merke: Geschichte und Ikonographie des endemischen Kropfes und Kretinismus. Bern/Stuttgart/Wien(Huber) 1971. In dieser Dokumentation wird übrigens die Aussage von Damerow bestätigt(S. 206—207):„Im medizinischen Schrifttum erscheinen erst im 16. Jahrhundert Beobachtungen über Einfältige, geistig Beschränkte,„stulti‘‘, bei welchen es sich um Kretins gehandelt haben muß.‘— Die Verfasserin nennt S. 61 die „Erziehungsanstalt für stumpfsinnige Kinder‘ in Wiflisburg(Kanton Waadt/Schweiz), deren Gründer Dr. Louis Schnell namentlich nicht erwähnt wird. Dorothea Meyer beruft sich dabei auf die kurzen Hinweise bei Kanner und Hilscher, vergißt aber Kirmsse, auf dessen ausführliche Arbeiten sich die beiden Autoren stützen.(Vgl. den Artikel Schnell, Louis(Kirmsse) im Enzyklopädischen Handbuch der Sonderpädagogik und ihrer Grenzgebiete, hrsg. von Gerhard Heese und Hermann Wegener. Berlin(Marhold) 1969, Sp. 2917-2918.)
R. v. Premerstein, Marburg
Jussen, Heribert und Michael Krüger: Manuelle Kommunikationshilfen bei Gehörlosen. Das Fingeralphabet. Berlin(Marhold) 1975, 140 S., 22 Abb. DM 21,-.
Die Verfasser weisen einleitend darauf hin, daß„Handzeichen‘‘, Gestik und Mimik... seit jeher auf der ganzen Welt da verwendet‘ wurden,„wo eine normale lautsprachliche Verständigung aus den verschiedensten Gründen unmöglich ist‘‘. Viele Autoren sehen in der Verwendung von Handfingerzeichen„eine wesentliche Bedingung für eine befriedigende sprachliche, intellektuelle und soziale Entwicklung des heranwachsenden Gehörlosen‘‘. Die bei uns üblichen Fingerzeichensysteme sind wesensgemäß ‚„‚lautsprachenorientiert‘; sie sollen die sich„aus der ausschließlichen Verwendung der Lautsprachmethode ergebenden Nachteile eliminieren‘. Aber die vor allem im Ausland gewonnenen Erfahrungen fordern eine„Erweiterung der bisherigen ‚reinen‘ Lautsprachmethode durch eine Verwendung von Fingerzeichen‘‘, um dadurch bessere Unterrichtsergebnisse zu erzielen.
Im ersten Kapitel wird ein historischer und systematischer Überblick über die in Vergangenheit und Gegenwart benutzten Handzeichensysteme vermittelt. In einem weiteren Kapitel werden die immer wieder benannten wichtigsten Argumente für und gegen den Einsatz von Manualsystemen zusammengefaßt. Alsdann wird das„graphembestimmte Manualsystem“(GMS) gekennzeichnet, welches„nicht nur als formales zusätzliches Kommunikationsmittel, sondern als umfassende lautsprachorientierte Sprachlernhilfe wirksam wird‘. Anschließend werden„die wichtigsten Unterrichtsmethoden in ihrem kommunikativen Ansatz und Aufbau‘‘ dargestellt, die schriftbezogene Fingerzeichen verwenden. Ein Bericht über die mit diesem Kommunikationsmittel im In- und Ausland gewonnenen speziellen Erfahrungen schließt sich an. Bei dieser Darstellung werden Erfahrungen aus Gruppenversuchen mitausgewertet, die im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft(Bad Godesberg) geförderten Vorhabens„Das graphembestimmte Manualsystem(GMS) als Sprachlernhilfe bei Gehörlosen‘‘ in den Jahren 1968 bis 1973 bei 51 tauben Kindern(28 Jungen und 23 Mädchen) durchgeführt wurden. Die Kinder waren in 7 Versuchsgruppen(2 im Kindergarten, 5 im ersten Schuljahr) zwischen 11 und 48 Monaten mit dem Fingeralphabet unterrichtet worden. Es zeigte sich im allgemeinen, daß die Verwendung dieses Alphabets sich„überraschend positiv auf die Sprachleistung und die Sprechfertigkeit‘‘ der Kinder auswirkte.— Die