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Heilpädagogische Dokumentation 259
erscheint den Verfassern zu„abstrakt‘, da es ja nicht um„die im Experiment gesicherte Imitationsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen‘‘ geht, sondern„gerade darum, wie und vor allem wann das imitierte Verhalten ins eigene Repertoire einbezogen wird, d.h. aber, rollentheoretisch gesprochen, welche Situation und welches Gegenüber gerade dieses Verhalten erwartet‘‘.
In ihren analytischen Bemühungen kommen die Verfasser zu der„Erkenntnis, daß der Stand der gegenwärtigen Forschung kaum eindeutige Aussagen und unmittelbare praktisch-politische‘‘(auch pädagogische)„Konsequenzen erlaubt‘‘.
Richard G. E. Müller, Glinde
Dann, Hanns Erich: Aggression und Leistung. Gewährung und Unterbindung von Aggression in ihrer Auswirkung auf Leistungsverhalten(Aggression and achievement) 176 Seiten. 1972. DM 22,—. Ernst Klett Verlag, Stuttgart.
Einleitend befaßt sich der Verfasser mit„Überlegungen zur Möglichkeit und zur Erwünschtheit aggressionsfreier sozialer Beziehungen‘‘ und dem Zusammenhang zwischen Aggression und Leistung allgemein. Anschließend reduziert er die vielen„Definitionsversuche‘‘ auf die Theorien:„Aggression als ein Aspekt des Verhaltens‘ und „Aggressivität als Verhalten determinierendes Teilsystem der Persönlichkeit‘‘. Sodann werden die bisherigen wesentlichen experimentellen Untersuchungen zum Problem der Aggressions-Gewährung(G) und Aggressions-Unterbindung(U) diskutiert(Silverman, Rosenwald, Horwitz, Nelsen, Worchel).
Im Mittelpunkt des Buches steht der Bericht über eine differenziert angelegte empirische Untersuchung des Verfassers(1969). Als Vpn wurden„66 männliche Schüler aus 7 Klassen des Lehrerseminars in Kreuzlingen(Schweiz) im durchschnittlichen Alter von 18;11‘ herangezogen. Die„Rahmenhypothese‘‘ lautete:„Eine Gewährung aggressiven Verhaltens nach einer Provokation von Angsttendenzen löst unter bestimmten Bedingungen eine Leistungsbeeinträchtigung, unter anderen Bedingungen einen vergleichsweise ungestörten(evtl. verbesserten) Leistungsablauf aus. Und ebenso: Eine Unterbindung wirkt— je nach weiteren Bedingungen— einmal leistungsbegünstigend, ein andermal leistungsmindernd‘‘.— Der Versuch enthielt im wesentlichen den Einsatz eines Aggressionshemmungsfragebogens auf Grund eines Aggressionssimulators.
Hauptergebnisse der Untersuchung sind: Weder wirkt die G nach einer Provokation von Aggressionstendenzen generell leistungsfördernd(und die U leistungsbeeinträchtigend), noch hat die U einen leistungsbegünstigenden Effekt(und die G einen leistungsmindernden). Ebenso ist die„Katharsishypothese‘‘ zurückzuweisen, derzufolge ‚die Leistungsverbesserung in Situationen der G‘‘ deshalb eintreten solle, weil dort die Aggressionstendenzen kathartisch herabgesetzt würden. Ebenso fragwürdig erscheinen„allzu einfache Vorstellungen eines aggressionsspezifischen Antriebszustands, der durch eine genetisch angelegte Energiequelle(‚Aggressionstrieb‘, ‚Aggressionsinstinkt‘) oder aufgrund genereller Entstehungsbedingungen(‚Frustration‘, ‚Ichbedrohung‘) gespeist wird und der sich mit jeder Aggressionshandlung verringert...‘. Aggressives Verhalten ist nur eine„Unterform des(Sozial-) Verhaltens schlechthin‘‘.
Mit dem Ergebnis dieser Untersuchung ist die„uneingeschränkt positive Bewertung... permissiver bzw. antiautoritärer Erziehungspraktiken oder expressiver Therapieformen‘‘ ebenfalls in Frage gestellt.
Richard G. E. Müller, Glinde
Schmidt-Mummendey, Amelie und Hans Dieter Schmidt: Aggressives Verhalten (Aggressive behaviour) Neue Ergebnisse der psychologischen Forschung. 251 Seiten, 1971. 3. Aufl. 1975. Paperback DM 16,—. Juventa Verlag, München.
Die vorliegende„Sammlung teilweise recht unterschiedlicher Arbeiten‘‘ soll„dem Leser einen möglichst vielseitigen Überblick‘ geben und„vor allem Autoren zu Wort kommen‘‘ lassen, die„derzeit in der Bundesrepublik Deutschland mit vorwiegend experimenteller Methodik auf dem Gebiet aggressiven Verhaltens arbeiten‘‘.— Die Verfasser und Titel der einzelnen Beiträge lauten: A. Schmidt-Mummendey, Vorstellungen und Erklärungsversuche zum aggressiven Verhalten; K. E. Moyer, Experimentelle Grundlagen eines physiologischen Modells aggressiven Verhaltens; H. D. Dann, Müssen Aggres