E. HANDTMANN
Die er bitter TKrebMiecber *
Warum gibt es in allen den Gewässern, welche wir vom Turm der Burg Lenzen rundum blinken sehen, keine Krebse? Sonst wimmelt es in der Mark doch in allen Flüssen, Bächen, Seen, Teichen und Pfühlen von diesen wohlschmeckenden Tieren. Wir hier müssen uns begnügen, höchstens ab und zu einen verirrten Krebs in unseren Gewässern zu sehen, und wollen wir Krebse essen, so müssen wir uns bis zum äußersten Dorf des Gebietes von Lenzen, bis nach Krinitz an der Mecklenburger Grenze wenden. Warum gibt’s bei uns keine Krebse? Daran sind allein die Krebsstecher von Ferbitz auf der Höhe schuld!
Dorf Ferbitz auf dem Sandberge dicht hinter dem früheren Marienkloster gelegen, litt im Sommer oft an Wassermangel und zwar so sehr, daß die Leute vorsichtigerweise alle Brunnen anschlossen, wenn sie aufs Feld gingen. Sie wollten verhüten, daß nicht ein Fremder, der durchs Dorf käme, die Eimer aufzöge, und nachdem er vielleicht einen Schluck getrunken, das kostbare Naß in den Sand gösse oder in der Sonne verdampfen ließe.
Eines Abends kommen die Ferbitzer vom Felde nach Hause. Da siehe, krabbelt am Brunnen des Schulzen ein kleines, jedermann unbekanntes Tier herum. Es ist ganz schwarz, trägt einen Panzer um sich und kneift mit scharfen Scheren jeden, der es berührt. „Das ist gewiß der Teufel, der uns die Brunnen hat austrocknen wollen“, ruft einer aus der Schar.
Sie ratschlagen nun, ob sie einen Priester vom Marienberge holen sollen, daß der den Geisterbann anwende. Doch, das kostet bloß wieder Geld, meint der eben erwähnte Kluge, die Priester vom Marienberge tun ja nichts umsonst; legen wir selbst Hand ans Werk. Er schlägt ein Kreuz, packt mit fester Hand den Krebs hinter den Scheren: da zappelt derselbe wehr- und machtlos in der Luft.
Nun befiehlt der Schulze, schnell einen großen Kessel mit Wasser aufs Feuer zu setzen. „Wir machen’s ihm heiß“, spricht er, „wir kochen ihn, bis er um Gnade bittet und uns alles verspricht, was wir wünschen.“ Der Krebs wird in den Kessel geworfen und aus jedem Brunnen im Dorfe etwas Wasser dahineingegossen, damit auch jeder Wirt das Recht gewinne, etwas von dem Bösen in dessen Drangsal zu fordern. Endlich ist der Kessel bis zum Rande voll, das Feuer unter demselben flackert lustig; die Männer achten nicht weiter auf den Kessel, sie stehen und gehen auf der Hausdiele
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