Heft 
(1957) 5
Seite
131
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der Staat rund 75 000, DM zur Ausgestaltung und Neuherrichtung bereit, und so konnte das Internat am 14. Januar 1957 feierlich eröffnet und der Schule zur Nutzung übergeben werden.

Was nun hier für unsere Jungen und Mädchen geschaffen ist, kann man wirklich als ein Heim bezeichnen. Ich war vor etwa zwei Dezennien an einre Oberschule tätig, deren Internat in einem alten Forsthaus unter­gebracht war. Ringsum rauschten die Bäume, das war schön, gewiß, aber die Zimmer waren klein und dunkel. Zu je sechs in einem Raum unter­gebracht, schliefen die Schüler in Etagenbetten, und im Winter war es so kalt, daß wir den Reif von den Wänden kratzten; die Waschräume waren im Keller untergebracht. Als Aufenthaltsraum diente ein Saal, wie man ihn von Dorfgasthäusern her kennt. Das war eine Stätte ohne Trost für Kinder, die ja doch noch der Nestwärme bedürfen. In unserem Internat stehen 11 helltapezierte Schlaf räume den Alumnen zur Verfügung. Drei bis vier Schüler bzw. Schülerinnen bewohnen also ein Zimmer, das zugleich als Arbeitsraum gedacht ist. Im ersten Stock hausen die Mädchen, im zweiten die Jungen. Im Parterre sind der Speiseraum, appetitanregend in seiner Sauberkeit, mit seiner modernen Wandbeleuchtung und seinem schönen Bildschmuck, die Küche und das Büro der Heimleiterin untergebracht. In einem Gemeinschaftsraum sollen sich die Jungen und Mädchen bei Musik heimisch fühlen, die ein moderner Rundfunkempfänger liefert; Dort kön­nen sie Nachrichten und Vorträge hören. Der Preis für den Aufenthalt mit voller Verpflegung beträgt ca. 45, DM, wobei zu bedenken ist, daß die meisten Schüler als Arbeiter- und Bauernkinder eine Unterhaltsbeihilfe in etwa gleicher Höhe oder mehr erhalten.

Natürlich müssen sich die Schüler einer Hausordnung fügen. Das bedeutet für einige, die in Freiheit dressiert lebten und abends aushäusig zu sein pflegten, eine Umstellung und einen gewissen Zwang, dem sie sich viel­leicht mit Widerstreben unterwerfen, dessen Heilsamkeit sie jedoch bald erkennen werden. Denn was zunächst als Zwang erscheint, ist nichts an­deres als Gewöhnung an Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit und Pflicht­erfüllung, wobei die Heimleitung vor einer Aufgabe steht, die nicht leicht ist und erst dann als gelöst angesehen werden kann, wenn die unmerkliche Lenkung und Erziehung durch die Gemeinschaft das Kommandowort des Leiters überflüssig macht. Der Erfolg kann nicht ausbleiben, wenn die Schüler ihrerseits nicht vergessen, daß sie einem Staat Dank schulden, der nicht nur für ihre Ausbildung, sondern auch für ihr leibliches Wohl inso­fern sorgt, als er ihnen so helle, wohnliche und anheimelnde Räume zur Verfügung stellt, wie sie ein Internat nur bieten kann.