Heft 
(1957) 5
Seite
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Die Havelberger Windmühlen sind in den letzten Jahrzehnten in schneller Folge stillgelegt, auf Motorbetrieb umgestellt und der Flügel beraubt oder ganz verschwunden.

Die Windmühlen sind zuerst durch die Kreuzfahrer aus dem Orient nach Europa verpflanzt worden. In Havelberg tauchen sie, wie wir noch sehen werden, Anfang des 14. Jahrhunderts auf.

Bei den Windmühlen unterscheiden wir zwei Arten: die deutschen oder Bockwindmühlen und die Holländer Windmühlen. Die Bockwindmühlen haben davon ihren Namen, daß ihr ganzes hölzernes Gebäude auf einem Zapfen oder Ständer ruht, der wegen der darin angebrachten Schwellen und Streben auch derBock genannt wird. Wenn die Flügel nach dem Winde gedreht werden sollen, muß das ganze Gebäude gedreht werden; die Drehung der Mühle wird ermöglicht durch einen langen Hebel an der Hinterwand des Gebäudes, den Sterz, der bei starkem Wind auch zugleich als Stütze dient.

Die Holländer Mühle gehört der neueren Zeit an. Zuerst wurde sie 1550 in Flandern gebaut und unterscheidet sich dadurch grundlegend von der Bockwindmühle, daß sie fest mit dem Erdboden verbunden und darum im allgemeinen aus Stein gebaut ist. Bei ihr wird die Haube, der Dach­aufsatz mit den Flügeln, durch den Sterz gedreht; um den Sterz bedienen zu können, befindet sich an der oberen Hälfte des steinernen Gebäudes ein Umgang.

Aus der Bauweise der beiden Windmühlenarten ergibt sich, daß die Bock­windmühlen gewöhnlich nur einen Mahlgang hatten, während bei den Holländer Mühlen zwei Mahlgänge üblich waren. Im Mittelalter haben wir es jedoch nur mit Bockmühlen zu tun. Sie bestanden durchweg aus Holz. Man kann darum die Bockwindmühle mit Recht diedeutsche Windmühle' 1 nennen, wenn sie auch keine deutsche Erfindung ist.

Die Mühlengerechtigkeit zu Havelberg war vermutlich ursprünglich ein dem Mitbesitze des Bischofs an der Stadt Havelberg anklebendes Recht gewesen und von dem Bischof dem Domkapitel überlassen. Mittels der­selben hatte das Domkapitel die Befugnis, Mühlen anzulegen in und außer ­halb der Stadt, in welcher Zahl und Art es wollte, und die Nutzung dieser Mühlen für sich zu beziehen. Die Einwohner der Stadt und der Häuser unter dem Berge aber durften auf keinen anderen Mühlen mahlen lassen (Mahlzwang), wogegen das Domkapitel verpflichtet war, sie in der Forde­rung der herkömmlichen Mahlmetze nicht zu übervorteilen. Schon im Anfang des 14. Jahrhunderts hatte das Domkapitel dreierlei Arten Mühlen teils in, teils bei der Stadt anlegen lassen, eine Roßmühle in der Stadt, mehrere Schiffsmühlen teils im Stadtgraben, teils in der Havel und eine Windmühle, etwas später eine weitere, auf dem sogenannten Damm. Welcher Damm nun damit gemeint ist und wo er lag, ist nirgends gesagt; vermutlich befand er sich aber an der Südwestseite des Campsgebietes.

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