Heft 
(1957) 5
Seite
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ten, den eingefallenen Lehm aus der Mitte wegzunehmen und die Ecken abzutragen, legte diese Streitigkeiten wieder nur für kurze Zeit bei. Man fand von beiden Seiten immer neuen Stoff, sich wegen der Lehmgruben zu entzweien, und die unbedeutendsten Umstände wurden oft zu diesem Zweck benutzt. (Riedel, Bd. III, S. 279). Ja, sogar noch im 18. Jahrhundert kam es zu Uneinigkeiten, und es wäre fast zum offenen Kampf zwischen Stadt und Domkapitel gekommen, wenn es das Kapitel nicht vorgezogen hätte, sich deshalb mit einer Klage an den König zu wenden und die or­dentlichen Gerichte anzurufen. Hierüber erzählt uns die nachstehende Ur­kunde folgendes:

Vor der Stadt Havelberg unter unserer Jurisdiktion (Gerichtsbarkeit) wohnen 9 Familien in der sogenannten Lehmkuhle und ist der erste feld- wärts ein Stellmacher, Matthias Löther genannt, welcher bei und hinter seinem Hause einen Baumgarten hat, worinnen Bäume stehen, so über 50 Jahr alt sein. Da dieser Löther nun in diesem Frühjahr seinen Zaun und seinen Garten mit neuen Pfosten oder Pfählen neu machen lassen, fallen vorgestern, den 17. dieses, über 40 Bürger auf Anordnung des Ma­gistrats und der Verordneten der Bürgerschaft aus der Stadt Havelberg und hauen den neuen Zaun ganz in Stücken unter dem Vorwand, daß er auf der Stadt Grund gesetzt wäre, da sie doch solches nimmer beweisen können, wir ihnen auch gar nicht einräumen, der alte Zaun auch viele und lange Jahre da gestanden.

Hierbei lassen sie es nicht, sondern gestern, als den 18. dieses, läßt der Magistrat als ein Viertel von der Stadt abermals 60 Mann aufbieten, und marschieren mit Flinten, Aexten und vielen Wagen und also vi armata (mit bewaffneter Macht) nach unserm nahebeiliegenden Dorfe Toppein Eichholz, der Dickte genannt, hauen 14 Eichbäume und fahren dieselben vor der Stadt bei ihrem Krug an.

Weil nun dieses eine große Zumutung ist, woraus leicht, wenn wir unserer Untertanen aufbieten lassen, ein groß Unglück entstehen könne, so er­suchen wir Ew. Königl. Maj. wir alleruntertänigst, Bürgermeister, Rat und Bürgerschaft der Stadt Havelberg bei 500 Thl. fiskalischer Strafe anzu­befehlen, daß sie sofort die 14 Stück Eichen wieder an den Ort, da sie selbige gehauen, bringen sollen, auch den umgehauenen Zaun sofort wieder neu machen sollen, und hiernächst die Beklagten vor E. Hochpreisliches Cammergericht in einem gewissen Termin zu erscheinen, die wir ver­bleiben

Ew. Königl. Maj.

alleruntertänigste

Dechand, Senior und Capitulares

der hohen bischöflichen Kirch zu Havelberg

Dom Havelberg, d. 19. April 1720.

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