Heft 
(1957) 6
Seite
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Zwar wird sich nicht jeder Ausdruck der Weidmannssprache (wie auch anderer Handwerkssprachen) willig in unsere Umgangssprache einfügen oder übernehmen lassen, doch gibt es andererseits eine so große Zahl von Ausdrücken aus allen Handwerkssprachen, die schon längst zu unserem allgemeinen Sprachschatz gehören, wie zum Beispiel der aus der Berg­mannssprache stammende Ausdrückschürfen; Wievieltiefschürfende Untersuchungen stellen wir doch dauernd an. Laßt mich nun also aus der Weidmannssprache einiges herausschürfen, das ich des Herausschürfens für die Sprachbereicherung für Wert erachte, ohne dabei auch nur an­nähernd erschöpfend sein zu können oder zu wollen.

Daß nicht nur Hirschedurch die Lappen- gehen können, dürfte wohl bereits hinlänglich bekannt sein. DieseLappen sind an lange Schnüre geknüpfte bunte Fähnchen, mit denen man früher Waldteileeinlappte, damit das Wild, vor diesen flatternden Fähnchen zurückschreckend, den betreffenden Revierteil nicht verließ. Dennoch ist es immer wieder ge­schehen, daß das Wild diese Lappen nicht respektierte und dann eben durch die Lappen ging, wobei esflüchtig wurde, Gräben und Zäune überfiel oderüberfloh. In dem panischen Schrecken, der dabei beson­derskrankgeschossenes Wild ergriff, konnte es auch Vorkommen, daß es auf seiner Flucht Bäume und dergleichenanfloh. Häufig flüchtet das Wild auch, wenn es vom JägerWind bekommt, ein Ausdruck, der eben­falls bereits allgemein gebräuchlich geworden ist. Ist das Wild solcher­maßen über Berg und Tal davon, so kann man wohl getrost die Jagdab­blasen, wie es hin und wieder auch mit anderen Veranstaltungen ge­schehen soll, wenn zum Beispiel der Referent nicht erschienen ist.

Oder ein anderes Beispiel: Ein Vogel fliegt fort. Welche Möglichkeiten bietet uns nun die Weidmannssprache, um diesen einfachen Vorgang zu schildern? Der Jäger kann zum Beispiel sagen: Von einem Gewässer stehen die Enten auf oder aus einem Rübenschlag die Rebhühner. Größere Vögel, wie Adler, Birk- und Auerhähne, Reiher usw.,streichen ab,reiten ab oderschwingen sich aus, letzteres, wenn sie auf Bäumen gefußt hatten. Fliegt ein Vogel fort, ohne an seinen gewohnten Auf­enthaltsort zurückzukehren, soverstreicht er. Tut er es schließlich doch, dannschwingt er sich ein, der Auerhahnsteigt zu Baume odertritt zu Baume, Raubvögelhaken auf (ein sehr treffender Ausdruck, wenn man an die scharfenFänge denkt), Enten und Rebhühnerfallen ein. Läßt sich ein Raubvogel jedoch nicht auf einem Baume sondern auf Fels und Stein nieder, dann sagt der Weidmann, erblockt auf.

Sind dies nicht alles recht bildhafte Ausdrücke, die durchaus nicht nur von Jägern verwandt zu werden brauchen? Nehmen wir aber weitere Be­wegungsarten des Wildes. Wenn das Wild, meinethalben ein Rudel Hirsche oder eine Rotte Schwarzwild, von seinen Äsungsplätzen auf den Feldern wieder in den Waldzurückwechselt, sagt der Jäger, eszieht zu Holze.

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