Heft 
(1957) 6
Seite
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E.R. MÜLLER, NEUSTADT/DOSSE

Di«cSittfome Gilbt" im itotfelee £mg>

Einsam eine Eiche steht auf der weiten Flur.

Sturm, der durch die Krone weht , ließ so manche Spur.

Fest und unerschütterlich ragt der edle Baum,

Vielen Tieren mütterlich gibt er Saft und Raum.

Falk und Rabe, Kräh und Specht auf dem Gipfel thront. Mück und Käfer schlecht und recht auf den Blättern wohnt. Alle nimmt in seinen Schutz dieser Erdensohn.

Ohne Neid und Eigennutz; sieht nicht auf den Lohn.

Und er wendet sein Gesicht still dem Walde zu:

Brüder, ihr verlaßt mich nicht! Und das gibt ihm Ruh.

So sang einst der Heimatforscher Heinrich Görs aus Läsikow seine Verse über dieEinsame Eiche am Rande des menschenfemen Rhinluchs. Gewiß gab und gibt es viele alte Eichen, die kaum Erwähnung Anden, doch die Einsame galt von jeher als Richtweiser für die Luchbauem und als Wahrzeichen der Umerschütterlichkeit und der Stärke gegen Naturgewaltein und Gewaltherrschaft. Die Geschichte derEinsamen Eiche ist wegen ihres Alters wenig bekannt. Sie hat vom Ausgang der slawischen Allein­besiedlung bis zur markgräflichen Zeit über den Brand der Dörfer und der Bauernüucht im Dreißigjährigen Kriege bis zur Bauernbefreiung eine Zeitepoche überstanden, die selbst für eine Eiche etwas Außergewöhnliches bedeutet. Einst, vor etwa 800 bis 1000 Jahren, gehörte sie zum Baumbestand des nahen Zootzenwaldes, der damals seine Ausläufer bis an die Luch­dörfer ausdehnte. Durch den starken Holzeinschlag hat jedoch der Zootzen im Laufe der Jahrhunderte viel von seinem urwaldmäßigen und unweg­samen Bestände eingebüßt und ist stark zurückgedrängt worden. Konnten doch alle Bauern zwischen Wusterhausen und der Temnitzwie die dortigen vom Adel ihren Bedarf hieraus decken. Doch die aus dem Kahlschlag her­gerichteten Wiesen- und Ackerflächen teilten sich die von Quaste, die von Bredow, die zu Landin und die zu Wagenitz untereinander, wobei es oft­mals hart zugegangen sein soll.

Die Gegend hinter der grau in grau dahinfließenden Temnitz ist sagenum­woben und voll vom entstellten Aberglauben, sie gibt ihr dadurch ein beson-

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