deres Gepräge. Andererseits haben aber oftmals Überlieferungen und Bräuche die politschen Wirren und allen Wechsel der Zeiten überstanden. So soll auch jetzt noch in der Umgebung des Zootzens der Glaube bestehen, daß jeder, der nach Dunkelwerden im Walde hinfalle, sich nicht wieder erheben dürfe, er müsse vielmehr den Wald kriechend verlassen. Das klingt bedenklich für manchen, vielleicht auch lächerlich. Aber sollte nicht die frühere Unwegsamkeit dieses Gebietes und die Scheu, es zu betreten, in diesem Volksglauben Ausdruck finden? Es ist durchaus möglich und der Volksglaube darauf zurückzuführen, daß der Zootzen einstmals das Heiligtum der semnonischen Germanen aufnahm, zu deren Feiern sich Abordnungen der einzelnen semnonischen Stämme, die durch gemeinsamen Kult dem Gotte Ziu verbunden waren, hier vereinten. Der römische Schriftsteller Tacitus berichtete im Jahre 98 n. d. Zw. in seiner „Germania“ hierüber folgendes: „Zu bestimmter Zeit kommen in einem durch den Vätern zuteilgewordenen Götterzeichen und durch alte ererbte Scheu geheiligten Wald alle Völker desselben Blutes, vertreten durch Abgesandte, zusammen und feiern durch ein öffentliches Menschenopfer die schaurige Weihe eines barbarischen Brauchs. Es genießt der Hain noch eine andere Ehrfurchtsbezeugung: Niemand betritt ihn anders als mit einer Fessel gebunden, damit bekundet er die eigene Ohnmacht und Gottes Macht. Trifft es sich, daß einer hinfällt, so ist Aufheben oder Aufstehen unzulässig, am Boden wälzen sich solche hinaus.“ Tacitus übermittelte zwar nicht, wo dieses Semnonenheiligtum gewesen sein soll. Doch nach dem überlieferten Volksglauben in den Luchranddörfern darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß dieser Brauch einer geheiligten Sitte Jahrhunderte überdauert hat. Verschiedene Ringwälle damaligen Ursprungs im Innern der Zootzen zeugen noch heute von der einstigen Größe des Semnonentums.
Nicht unbekannt dürfte den Luchbauern ihre Flurbezeichnung an der „Einsamen Eiche“ die „Passe“ oder die „Parse“ sein. Aber wenige werden wissen, daß diese „Passwischen“ einmal Grenzland waren und sich die kriegerischen Bischöfe Ludwig von Brandenburg und Dietrich von Havelberg und ihre Nachfolger bis zum Jahre 1372 darum stritten. In diesem Jahre kam eine Einigung zustande, die vom Markgrafen Otto dem Faulen bestätigt wurde. Im Havelberger Kopialbuch ist über den Grenzverlauf eine Notiz aufgenommen, die eindeutig jenen Winkel am Schwarzen Graben, der Einsamen Eiche und der alten Passe-Bahn kennzeichnet: „ . . . van der frouenwarde na recht up wente up der parse up den Ryn, van der parse nach recht up iegen den torne to Manker, wente in dat middel des luges“ (von der Frauenwarte nach rechts rauf bis an die „Parse“ auf den Rhin zu, von der „Parse“ rechts rauf in Richtung auf den Kirchturm zu Manker bis in die Mitte des Luchs). — Grenzsteine kannte man damals zumindest im Luch nicht. Auffallende und markante Merkmale in der Landschaft, wie hier der Kirchturm, die Frauenwöhrde oder auch die
185