Heft 
(1926) 3/4
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Mitteilungen

des

Heimat- und Museumsvereins in Heiligengrabe.

9. Jahrgang, 1926. Heft 3/4.

Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt, Der froh von ihren Taten, ihrer Größe Den Hörer unterhält, und still sich freuend Ans (Lude dieser schönen Reihe sich Geschlossen sicht.

(Goethe, Iphigenie.)

Die Geschichte Pritzwalks.

lieber die Gründung und älteste Geschichte der Stadt Pritzwalk sind keine Urkunden vorhanden. Das mächtige Feldsteinmauerwerk der dem heiligen Nikolaus geweihten Pfarrkirche mit ihrem breiten, wuchtigen Turin reicht bis in das 13. Jahrhundert zurück. Im Wappen führt Pritzwalk von alters her einen unter einem Baume stehenden Wolf. Am 23. Juli 1256 übertrugen die Städtegründer, die Markgrafen Johann und Otto, laut einer zu Sandau an der Elbe ausgestellten Urkunde den Bürgern vollPryszwalck" das Recht der altmärkischen Stadt Seehausen und bestimmten, daß Knechte und Mägde nach einjährigem Aufenthalte in der Stadt ans Gnaden volle Freiheit erhalten sollten. Die Bürger behaupteten das Vorrecht, vor ihren: Schulzen zu Rechte zu stehen, und außer umhandhafte" Tat durften sie nicht aus der Stadt geladen werden.

Die Stadt, in der frühzeitig eine Wollwebergilde entstand, war gegen lieberfälle durch starke Feldsteinmauern, ferner durch doppelte, an manchen Stellen sogar durch dreifache Wälle geschützt, zwischen denen sich die von der Temnitz gespeisten Gräben entlang zogen. Wer die oben auf den Wällen wachsenden Weiden verletzte, hatte 18 Schillinge Strafe zu zahlen. Drei Tore, das Perleberger, Wittstocker und Buchholzer, führten auf das Land hinaus, wo die Bürger die Dörfer Streckentiij und Klenzendorf erworben hatten; das nahe der Stadt gelegene Fischerdorf, der Kietz, wurde frühzeitig zur Stadtweide gezogen.

Trotziger Bürgersinn hat die Pritzwalker von jeher ausgezeichnet; als im Jahre 1409 vier Straßenräuber nach Wilsnack ziehende Pilger anfielen, wurden sie kurzerhand auf Befehl der Pritzwalker Richter gerädert. An selbständiges Handeln gewöhnt, wurde es den Bürgern schwer, sich den Zollern und ihren Landeshauptleuten zu fügeu; uach einer Ueberlieferung ist es 1482 zwischen der Stadt und dem Kurfürsten Albrecht sogar zum Kriege gekommen, tveil sich die Städter weigerten, den Landfriedensgeboten des kurfürstlichen Amtshaupt­mannes Bischof Wedego nachzukommen.

Zahlreiche Pfarrer von Dorfkirchen, die eingegangen oder zu Filialen heruntergesunken waren, wohnten gegen Ausgang des Mittelalters in der Stadt, wo ein reicher, schon um 1300 erwähnter Kaland bestand. Diese geistliche Genossenschaft löste sich allmählich auf, als im Jahre 1643 der erste lutherische Pfarrer, Johann Beke, sein Amt antrat.

Der dreißigjährige Krieg hinterließ in Pritzwalk deutliche Spuren. Obwohl noch im März 1638 die wehrhaften Bürger einige Kompanien schwedischer Dragoner durch ein wohlgezieltes Feuer vertrieben hatten, erlag vier Monate darauf die Stadt der Uebermacht der Feinde, die das geplünderte Gut auf 108 Wagen wegschafften. Außerdem wütete die Pest und raffte fast alle Rat-