Heft 
(1931) 1
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genfrühe regelmäßig die Vögel sieht, hat weiter kein Interesse an den beidenHabichten", wie man große Raubvögel allge­mein in seiner Heimat nennt, und der Jagdpächter, der sich auf seine Raubvogelkenntnis etwas einbildet, möchte wohl den auf dem Zaune sitzendenHabicht", den er an seiner Hellen Unter­seite als solchen sicher zu erkennen venneint, ganz gerne ab­schießen, wenn er nur heran könnte. Den braunen Vogel auf dem Leitungsmaste, den kennt er natürlich, das ist ein Bussard. Dieser ist zwar nach seiner Meinung auch nicht so ganz hann- los, aber es ist ein geschützter Vogel.

Sie irren beide, der Arbeiter wie auch der Jäger. Demi schon allein die Tatsache, daß wir beide Raubvögel auf freiem Felde so offen und unentwegt verharren sehen, genügt, um mit Sicherheit behaupten zu können, daß es sich um zwei Mäuse- bussärde handelt. Der eine von ihnen gehört zu der gewöhn­lichen braunen Art, der andere zu der weniger häufigen weißen. Da es aber zwischen beiden'Färbnngsformen alle Zwischenstufen gibt, also vom reinen Weiß bis zum gleichmäßigen Dunkelbraun, so ist eine Unterscheidung nach solchen Gesichtspunkten nicht ge­rechtfertigt.

Au unseren! Beobachinngsstande zurückkehrend, fragen wir uns, ob es Wohl wirklich wahr ist, daß die beiden Bussarde ihre Zeit dort nur verdösen? Da dreht der eine den Kopf. Er hat-nicht geschlafen. Wenn er auch dort so ruhig hockt, so hat er doch gerade deshalb das huschende Mäuschen hinter sich noch rechtzeitig wahrgenommen. Jetzt breitet er seine mächtigen Flügel aus, und im Glei.tflug tragen sie ihn zu der Stelle in der Wiese, wo das Mäuschen ahnungslos knabbert. Da fahren ihm die spitzen Dolche des Bussards ins Leben, und nach we­nigen Augenblicken hat es im Magen des Raubvogels sein Grab gefunden. Schon erhebt sich derMauser" wieder von der Erde und strebt im Ruderfluge dem Baum in der Wiese zu, um hier seine Anstandsjagd fortzusetzen, denn ein Mäuschen ist doch herzlich wenig für einen Vogel, der über zwei Pfund schwer wird. Man kann etwa dreißig Mäuse für ihn täglich in Rechnung setzen, und die Mehrzahl davon muß er iu den Morgenstunden fangen, da über Nacht sein Magen leer ge­worden ist. Ist es da ein Wunder, daß es immer erneut wissenschaftlicher Belege bedurfte, daß der Bussard solche Men­gen von Nagern, die er zu seinem Lebensunterhalt bedarf, auch wirklich zu fangen vermag? Hunderte und aber Hunderte haben ihr Leben lassen müssen, damit einwandfrei der Nachweis er­bracht werden konnte, daß der Bussard wirklich ein für die Landwirtschaft sehr nützlicher Vogel ist, und daß er sich an ge­sundem Wilde fast nie vergreift. Aus diesem letzten Grunde