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die Ziele seiner wissenschaftlichen Arbeit. Da entrollte sich bei den schlichten Worten, die nichts geben wollten als die lautere Wahrheit, das Bild eines rastlosen Fleißes, der die Hemmungen eines zarten schwächlichen Körpers immer wieder siegreich überwand. Nichts von falscher Bescheidenheit, aber auch nichts von Eigenlob sprach aus den einfachen Ausführungen. Mit ruhiger Sachlichkeit stellte der Abschiednehmende dar, was er gewollt, was er erreicht hatte. Diese Art, seine Lebensrechnung abzulegen, ehrte den Menschen ebenso wie den Gelehrten.
Beinahe 23 Jahre war Kossinna Vorsitzender der von ihm gegründeten Gesellschaft für Deutsche Vorgeschichte und zugleich Herausgeber des „Mannus", der Zeitschrift dieser Gesellschaft, und der Mannus-Bibliothek, die heute über 60 Bände umfaßt, in denen in grundlegenden Einzeldarstellungen die Forschungen der deutschen Altertumskunde, der deutschen Kultur und Vorgeschichte niedergelegt sind. Unter seinen eigenen Werken sind hervorzuheben „Die Herkunft der Germanen", „Ursprung und Verbreitung der Germanen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit", „Die deutsche Vorgeschichte" und die „Jndogermanen". Kurz vor seinem Heimgang konnte er noch ein grundlegendes Werk „Die Germanische Kultur im 1. Jahrtausend v. Ehr.", vollenden, das wie die meisten der anderen Werke im Verlage von Kabitzsch, Leipzig, erschienen ist. Anfänglich jedes Jahr, in der letzten Zeit alle zwei Jahre, fanden die Tagungen der Gesellschaft für Deutsche Vorgeschichte statt. Sie unterschieden sich weit von allen Tagungen ähnlicher Gesellschaften. Ein lebendiges Band innerer Gemeinschaft umschloß alle Teilnehmer. Diese Wirkung ging von der Persönlichkeit des Vorsitzenden aus. In ihm brannte wie ein Feuer die Liebe zu seinem Volk, zu der Kraft, der Reinheit seiner Art. Ihm war aus dem Studium der Vergangenheit ihr hochgemutes Wesen, ihre Sonderart, die sie von anderen Völkern unterschied, zum lebendigen Besitz geworden. Mit seiner Wissenschaft, so streng sie Wissenschaft war, wollte er auch diesem Volkstum dienen. Das gab den Tagungen ihr Gepräge, aus diesem Gesichtspunkt schon wurde der Rahmen der Veranstaltungen gewählt. Die letzte Tagung, die er uns noch leitete, führte nach Ostpreußen, in seine Heimat, durch das ganze Ostland, das den Teilnehmern in seiner Not und in seiner Schönheit und in seiner deutschen Art in die Seele gebrannt wurde. Und noch eines zeichnete die Tagungen aus. Er förderte in ihnen die Jugend. In den schweren Jnflationsjahren wurde den Studenten die Teilnahme durch Zuschüsse, Freiquartiere usw. ermöglicht. Und dem jungen Nachwuchs wurde Raum gegeben, von seinen Forschungen, seinen Plänen und seinen Arbeiten zu berichten. Keine andere Gesellschaft hat wohl so