Hug: Langzeit-Beringungsprogramm an Staren auf der Schleuse Bahnitz(Lkr. Havelland) 77 ten jahrweise begünstigt. Auf Grund der wesentlich geringeren Gelegegrößen, Jungenzahlen, Ausfliegeund Wiederfangraten der Zweitbruten spielen diese für die Populationsentwicklung nur eine untergeordnete Rolle(s. S chneider 1982, V ersluijs et al. 2016, T hellesen 2017). Weitere brutbiologische Daten sollen hier nicht im Detail diskutiert werden. Eine vergleichsweise Gegenüberstellung mit den Angaben aus anderen Langzeituntersuchungen zeigt, dass die Reproduktion im UG in Westbrandenburg intakt ist und teilweise sogar erheblich über den entsprechenden Werten der Vergleichsflächen liegt(Tab. 5). Am deutlichsten wird dies an der Brutgröße(JZ/BPm) von 5,02 Jungen für die Erstbrut. Der überregionale negative Bestandstrend für den Star in Deutschland( S udfeldt et al. 2013, G ede on et al. 2014) lässt sich somit nicht mit einer Verminderung der lokalen Reproduktionsleistungen erklären. Für die Niederlande konnten V ersluijs et al. (2016) auf Grund von Populationsmodellierungen zeigen, dass bei einem langjährig stabilen Fortpflanzungserfolg(3,55/ 4,37/ 4,43 Junge je erfolgreichem Nest in den Zeiträumen 1960 –1978/ 1978 –1999 / 1990 –2012) der Rückgang des Starenbestandes hauptsächlich auf eine signifikante Erhöhung der Jugendmortalitätsrate zurückzuführen ist. Diese muss im Zusammenhang mit der Abnahme der Qualität des Nahrungslebensraumes und einer Zunahme des Prädationsdrucks gesehen werden, die sich deutlich stärker auf die unerfahrenen Jungvögel im Vergleich zu den Altvögeln auswirken. Die starke Zunahme der Prädation führte in meinem UG ab dem Jahr 2006 zu hohen Verlusten und zu einem Einbruch des Brutbestandes auf 55 % der BP. 2006 war nur eine von 21 Bruten(20 Erstund eine Zweitbrut) erfolgreich – alle anderen wurden durch Waschbär oder Steinmarder Martes foina geplündert. 2007 waren nochmals 19 NK besetzt, aber nur in 8 kam es zur Eiablage. 2008 fiel der Bestand mit 11 BP auf die niedrigste Anzahl aller Jahre. Offenbar war ein Teil der Brutvögel in Gebiete mit geringerer Prädation ausgewichen. Der Brutbestand erholte sich danach langsam wieder. Erstmals ab 2012 waren wieder alle 20 NK besetzt,wie dies in den ersten zwanzig Untersuchungsjahren die Regel war. Zwischen 2006 und 2011 gingen insgesamt 63 Erstbruten verloren, was einer Verlustquote von 61,2 % entspricht. Obwohl die NK in den Jahren 2007 und 2013 zweimal konstruktiv verändert wurden(s.o.), kam es selbst in den umgebauten NK mit versetztem Eingang zu weiteren Verlusten: 2014 wurden 7 von 10 und nochmals 2017 11 von 16 Zweitbruten ausgeraubt. Erst die Ummantelung der Brutbäume mit einer Klettersperre aus Linoleum ab dem Jahr 2018 konnte wieder eine erfolgreiche Reproduktion in den NK gewährleisten. Ohne die genannten Maßnahmen hätte sich der Einfluss der Prädation auf dem BP-Bestand im UG mit Sicherheit weiter negativ ausgewirkt.Bemerkenswert ist,dass auch in dem dänischen UG von T hellesen (2017) bis zum Jahr 2004 eine 100%ige Besetzung der NK vorlag, dann aber ab 2005 ein Einbruch auf 60 % des Bestandes folgte. Wenngleich dort der Waschbär(noch) keine Rolle spielte,wird der Rückgang jedoch ebenfalls mit einer starken Zunahme der Prädation, hier durch Steinmarder und Hauskatzen, in dieser Zeit begründet. Bei den von mir angegebenen Wiederfangraten innerhalb des UG ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Brutvögel und damit auch nicht alle alten Ringträger gefangen und identifiziert werden konnten. Insofern handelt es sich bei der hier ermittelten Quote der Brutortstreue von 18,0 % um eine Mindestgröße. In Südwestjütland betrug die Rate der in Folgejahren als Brutvögel wiedergefundenen Adulten vergleichsweise 33,4 %(errechnet nach T helle sen 2002). Dabei ist allerdings zu beachten, dass es sich weitgehend um Ringablesungen von Farbringkombinationen handelt, die methodenbedingt eine höhere Wiederfundquote ermöglichen. Daher muss es bemerkenswert erscheinen, dass die Geburtsortstreue in meinem UG mit 4,8 % deutlich höher lag als in dem dänischen UG. Hier konnten nur 1,3 % der NJG. später in der Nähe des Erbrütungsortes(bis 5 km Entfernung) wieder angetroffen werden, darunter 0,5 % als sichere Brutvögel im unmittelbaren UG(errechnet nach T hellesen 2002). Auf der Schleuse Bahnitz gab es jeweils drei Fälle von partnertreuen BP zwischen Erst- und Zweitbrut eines Jahres sowie über zwei aufeinanderfolgende Jahre. T hellesen (2002) berichtet hingegen nur über zwei Fälle von Partnertreue von Jahr zu Jahr und keinen einzigen Fall über zwei Bruten innerhalb desselben Jahres. Bei keiner anderen Art der gemäßigten Breiten ist eine derartig hohe Flexibilität beim Paarbindungsverhalten festgestellt worden( G lutz von B lotzheim 1993). So dürften auch Polygynie-
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(2019) 26
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