Heft 
(2019) 26
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100 Schriftenschau Otis 26(2019) L ibbert , W.(2017): Vogelbeobachtungen im Alt­kreis Templin/Uckermark. Ausgewählte Beob­achtungen von 1949 bis 1971. Bearbeiter und Herausgeber: W.-H. S eybold . Eigenverlag, Templin, 237 Seiten. Walter Libbert(1899 –1971) ist in die Geschichte der brandenburgischen Ornithologie außer durch eini­ge eigene Veröffentlichungen vor allem durch seine akribische Aufarbeitung der märkischen avifaunisti­schen Literatur eingegangen. In derLibbert-Kartei hat er die bis zu seinem Tod erschienenen Facharti­kel nach Arten sortiert inhaltlich zusammengefasst und damit eine entscheidende Grundlage für die Landesavifaunen von 1983 und 2001 gelegt. Das vor­liegende Buch(im Postkartenformat) stellt ihn nun anhand seiner ornithologischen Tagebuchnotizen als aktiven Feldornithologen vor. Inhalt des Buches ist die wörtliche Wiedergabe einer Auswahl der Beobachtungsnotizen aus der Uckermark, vorwiegend aus dem Altkreis Templin, wo W. Libbert nach dem Krieg als Lehrer arbeitete. Ganz überwiegend handelt es sich um kurze Wie­dergaben von besonderen Beobachtungen, Brut­und Zugdaten, Erstbeobachtungen im Frühjahr und Herbst. Hin und wieder, vor allem bei Beobach­tungen an Kranichschlafplätzen und auch bei der Kontrolle von Greifvogelhorsten, haben die Notizen mehr erzählenden Charakter und beziehen die Be­obachtungsumstände mit ein. Die Beobachtun­gen weisen W. Libbert als guten und zuverlässigen Feldornithologen mit guten Bestimmungs- und Vogelstimmenkenntnissen aus. Wenige unplausi­bel erscheinende Beobachtungen dürften eher auf Schreib- oder Übertragungsfehler zurückgehen, ebenso einige nicht zuzuordnende Vogelnamen. Ab­geschlossen wird das Buch durch einen kurzen Le­benslauf W. Libberts, einige Fotos und ein Register mit Vogelnamen und wichtigen Schlagworten. Das ist für die Auswertung extrem hilfreich, doch wäre es gut gewesen, die Verweise nach Arten zusammenzu­fassen. So gibt es Ziegenmelker und Nachtschwalbe, Trappe und Großtrappe, Uferläufer und Flussufer­läufer als Stichworte und man muss sehr sorgfältig suchen, um nicht mögliche Verweise auf eine inter­essierende Art zu übersehen. Das Buch ist eine Fundgrube für die lokale Avifaunistik und es wäre eine eigene Arbeit wert, die Vorkommen mit dem bekannten Wissensstand abzugleichen und mit heutigen Vorkommen im Alt­kreis Templin zu vergleichen. Natürlich faszinieren den heutigen Leser vor allem die Angaben zu den verschwundenen Arten wie Blauracke, Steinkauz, Großtrappe und Ziegenmelker in der Normalland­schaft. Schwieriger ist zu bewerten, wenn Vogelarten häufiger geworden sind. Auffällig ist das etwa, wenn W. Libbert von seiner ersten Winterbeobachtung von Zwergtauchern in Norddeutschland berichtet oder einzelne Blessgänse besonders hervorhebt. Aus landesweiter Sicht ist zunächst festzustellen, dass sich ein Großteil der bedeutenden Beobachtungen in den Avifaunen Mecklenburgs und Brandenburgs wiederfindet. Das zeigt, dass W. Libbert wichtige Be­obachtungen entweder selbst publiziert oder an die maßgeblichen Stellen weitergemeldet hat. Trotzdem finden sich noch eine ganze Reihe von Besonder­heiten, die bisher nicht bekannt geworden zu sein scheinen. Dazu gehören etwa eine Waldkolonie des Mauerseglers beiKarinhall 1950 und gleich vier Wasseramseln am Küstrinchenbach im Winter 1952. Eine vermeintliche Rötelfalken-Beobachtung hat der Beobachter offenbar selbst wieder zurückgenommen. W. Libbert hat seine handschriftlichen Tagebü­cher in Sütterlin-Schrift geführt, sie dürften damit heutzutage für die meisten Ornithologen nicht mehr zu entziffern sein. Die vorgenommene Übertragung ist deshalb sehr verdienstvoll. Sie zeichnet ein Bild der Vogelwelt einer Region vor einigen Jahrzehnten, aber auch der Aktivitäten eines damaligen Ornitho­logen, und kann Grundlage für eine Auswertung zur regionalen Bestandsentwicklung und phänologi­schen Veränderungen bei Brut- und Gastvögeln sein. Wolfgang Mädlow