Heft 
(2020) 27
Seite
91
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Schuldes: Erfahrungsbericht zum Schutz von Mehlschwalben und Rauchschwalben 91 stellt werden. Die Nähe von Regalen u. ä. sollte ver­mieden werden. Bei unumgänglichem Rückbau von Gebäuden mit Niststätten der Rauchschwalbe ist erst zu prüfen, ob sich in nächster Nähe, d. h. in bis zu ca. 300 m Abstand Gebäude als neue Stand­orte artgerecht einrichten lassen. Dies ist besonders dann nicht einfach, wenn sich dort bereits Rauch­schwalben befinden, denn diese verteidigen ihren Niststandort vehement. An geeigneten Standorten sollte bis zur Annahme der neuen Brutplätze mit der Klangattrappe gelockt werden. 5 Weitere Kriterien für fachgerechten Schwalbenschutz Im Abschnitt 4 wurden bereits praktische Maßnah­men zum Schwalbenschutz dargelegt. Weitere we­sentliche Punkte sind für eine erfolgreiche Arbeit zu berücksichtigen. In der behördlichen Genehmigung für die Entfernung von Brutplätzen ist i.d.R. der Zeitpunkt der Umsetzung festgesetzt: Nur außerhalb der Brut­zeit, d. h. von Oktober bis Ende Februar – ist die Be­seitigung realisierbar. Der artgerechte Ersatz ist bis spätestens Mitte März fertigzustellen. Dabei sollte sich möglichst eng an der Natur orientiert werden. Als gut gemeinte Ersatzmaßnahme werden oft viele Kunstnester angebracht. Wird dabei der Rest der Fassade mit Vergrämung versehen, hat dies un­ter Umständen fatale Folgen für die Schwalben(Abb. 8). Von Spikes als Vergrämung wird dringend abge­raten, da sich die Schwalben daran verletzen können. Außerdem werden Kinder bei diesem Vorbild nicht gerade zu verständigen Tierfreunden heranwachsen. Abb. 8: Gefährliche Vergrämungsmaßnahme. Dangerous deterrent measures. Foto: Y. Schuldes. Naturnester halten ein bis mehrere Jahre. Durch Wetter, Nutzung als Sperlingsschlafplatz u. a. verlie­ren sie an Substanz, aber auch die Parasiten gehen zurück. Das Fundament bleibt zumeist erhalten und bietet so den Grundstein für ein neues Nest. Bei er­höhtem Parasitenbefall werden am gleichen Stand­ort neue Nester gebaut. Hier ein markantes Beispiel: Bei der Reinigung von 16 Kunstnestern, die ca. fünf Jahre vorher am Barockschloss Oranienburg angebracht und seitdem nicht gereinigt worden waren, stellte ich folgende In­halte fest: vier mumifizierte Bruten, viermal Füllung aus Kotkrümeln(evtl. Blaumeise), eine Bienenwabe, fünf normal gepolsterte Nester voller Parasiten so­wie zwei leere Kunstnester(ungünstiger Standort). Vor der Reinigung wurde mir mitgeteilt, dass die vorhandenen Kunstnester so gut wie gar nicht mehr genutzt worden waren.Vierzehn dieser Nester waren ohne gründliche Reinigung nicht mehr nutzbar. Die Stadt lässt hier nun beispielhaft regelmäßig reinigen. Entstehen nach Anbringen von(wenigen) Kunstnestern keine natürlichen Nester, liegt es höchstwahrscheinlich an der früher vorhandenen, nun fehlenden Lehmquelle und es sollte geprüft werden, wo sich diese befand und ob sie evtl. zeit­gleich versiegelt wurde. Adäquater Ersatz in Form einer Lehmpfütze sollte dann umgehend wieder hergestellt werden. Generell sollte bei Notwendig­keit von Ersatzmaßnahmen stets die Umgebung begutachtet werden, um so evtl. in der Nähe be­findliche Quellen für Nistmaterial ausfindig und geltend zu machen. Bei fehlender natürlicher Was­serstelle, wie Teich, Fluss o. ä., ist als Kompensati­onsmaßnahme eine Lehmpfütze auf freier Fläche herzustellen. Darunter ist eine flache Vertiefung im Erdreich zu verstehen- ein Quadratmeter ist aus­reichend. Eine Teichfolie, in der Mitte der Pfütze mit maximal 6 cm Tiefe verlegt und mit Lehm, Ton oder Mergelgemisch gefüllt, verhindert das Versi­ckern des Wassers. So entsteht durch Verdunsten eine ausreichende Schlammfläche. Am Einfachsten ist, vorhandene Pfützen mit klebendem Boden­grund zu wässern(Abb. 9). Kanten, hinter denen sich Katzen unbemerkt anschleichen könnten, sind zu vermeiden. Eine umgesiedelte Schwalbenkolonie sollte mögichst bis zur Vollzähligkeit bisheriger Nester kontrolliert und begleitet werden.