Heft 
(2020) 27
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110 Otis 27(2020) zwischen Uetz und Paaren ein, einem Feuchtgebiet mit Schilf, Weidengebüschen und Erlenbruchwald. Möglicherweise hat ein kleiner oder größerer Teil der Vögel bereits hier übernachtet. Viele flogen aber weiter nach Nordwesten, und schließlich konnte der Schlafplatz im Naturschutzgebiet Falkenrehder Wublitz am Nordostrand von Falkenrehde(Kreis Havelland) ausgemacht werden, einem kleinen Schilfgebiet mit umgebenden Büschen und Bäu­men. In der späteren Dämmerung ertönte ein lautes Konzert aus dem Schilf und es wurden noch umher­fliegende Rotdrosseln beobachtet. Dieser Schlafplatz liegt etwa 12 km vom Park Sanssouci entfernt. Am 27.3. erfolgte eine Zählung bei Marquardt, einem am Vortag dafür als besonders günstig ein­geschätzten Ort. Der Einflug war nun aber ungleich schwächer als am Vortag; es wurden zwischen 16.30 und 18.15 Uhr nur noch 2 900 Rotdrosseln gezählt. Am 31.3. wurden lediglich einzelne anfliegende Trupps registriert; der Schlafplatz in der Falkenreh­der Wublitz war aber noch zumindest von einigen hundert Vögel besetzt. 3 Diskussion Da während der Tage des besonders starken Auftre­tens keine Zählung über die gesamte Anflugzeit er­folgen konnte, müssen die am 25.3. gezählten 13 300 Rotdrosseln als Mindestzahl gelten. Realistischer ist, dass an diesen Tagen rund 15 000 aus Potsdam zum Schlafplatz flogen. Die Hauptmasse der Vögel dürfte sich tagsüber im Park Sanssouci aufgehalten haben, doch ist eine Beteiligung von Rotdrosseln aus ande­ren Rastgebieten in der Stadt wahrscheinlich. Offen bleibt, ob der Schlafplatz(oder die Schlafplätze) auch aus anderen Richtungen angeflogen wurden. Die ungewöhnliche Massierung von Rotdrosseln im März 2020 war offenbar zum einen eine Folge des sehr guten Angebots von Efeubeeren im Park Sanssouci. Zum anderen stellt sie wohl einen witte­rungsbedingten Zugstau dar. Nach moderat warmen Tagen Mitte März erfolgte am 21.3. ein Kälteein­bruch, der bis zum 26.3. anhielt. In diesen Tagen gab es jeden Tag Nachtfrost zwischen-0,6 und-4,4 °C. Die Tageshöchsttemperaturen lagen zwischen 6,8 und 11,6 °C. Am 27.3. erfolgte dann ein Wärmeein­bruch mit einer nächtlichen Tiefsttemperatur von 2,3 °C und einer Tageshöchsttemperatur von 16,6 °C (Daten des Deutschen Wetterdienstes, Station Pots­dam, www.dwd.de). Offenbar reichte dies aus, um einen größeren Teil der Drosseln zum Abzug zu ver­anlassen. Dazu passen zwei Zugbeobachtungen im Potsdamer Stadtgebiet an diesem Tag(27.3.2020): Morgens zogen innerhalb von zwei Stunden 1 610 Rotdrosseln nach NE über den Park Babelsberg(K. Steiof), abends zogen 600 in 15 Minuten nach E am Zentrum-Ost(M. Jurke). In Deutschland bewegen sich die größten An­sammlungen von Rotdrosseln üblicherweise bei wenigen tausend Vögeln. Konzentrationen über 10 000 Vögeln scheinen selten zu sein. In den älteren Avifaunen von Thüringen und Sachsen sowie in der aktuellen Bearbeitung für Sachsen-Anhalt werden keine Ansammlungen über 3 000 Vögeln genannt( v . K norre et al. 1986, S teffens et al. 1998, W eissgerber 2019). Soweit recherchierbar, lag das Maximum für Mecklenburg-Vorpommern bei 10 000 Vögeln am 29.3.1998 im Trebeltal(C. Rohde in M üller 2000). Die Durchsicht der avifaunisten Jahresberichte für Schleswig-Holstein(ohne Helgoland) 1982–2014 er­gab vier erwähnte Konzentrationen über 10 000 Rot­drosseln, alle im Herbst. Maximal waren es 13 742 Durchzügler am 18.10.2008 bei Wedel(B. Kondziel­la in J eromin et al. 2014). Zuvor wurden dort 19 700 am 24.10.71 gezählt(Hahn in G lutz von B lotzheim & B auer 1988). Die höchste in den Jahresberichten für Schleswig-Holstein aufgeführte Zahl im Frühjahr waren 6 300 Vögeln in drei Trupps bei Großschret­staken am 3.4.1993(B. Koop in B erndt & B usche 1995). Auf Helgoland können im Herbst große Kon­zentrationen mit bis zu 40 000 Rotdrosseln auftre­ten, das Frühjahrsmaximum lag bei 5 330( D ierschke et al. 2011). In Niedersachsen lag – von einer wohl eher zweifelhaften Meldung voneinigen Hundert­tausend Durchzüglern abgesehen – die einmalige Höchstzahl beimehreren Tausend, wahrscheinlich über 10 000 Durchzüglern im April 1975 in Göttin­gen( Z ang et al. 2005). In Baden-Württemberg, wo sich viele Zugvögel am Bodensee und auf der Schwäbischen Alb kon­zentrieren, blieben jedenfalls bis in die 90er Jahre die Gebietsmaxima gewöhnlich unter 1 000 Vögeln, einmal 5 000 Durchzügler im Oktober 1961 am Bo­densee( H ölzinger 1999). Eine Abfrage der auf www. ornitho.de in ganz Deutschland gemeldeten Daten (Stand Juli 2020) ergab zwei weitere Konzentratio-