Aktuelles aus der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg 127 Bereits in der Otis 26 wurden das Erscheinen der neuen Roten Liste angekündigt und erste Ergebnisse vorgestellt. Die Verspätung lag unter anderem daran, dass die Druckerei Corona-bedingt zusätzliche Aufgaben übernehmen musste. Inzwischen ist die Herausgabe der„Rote(n) Liste und Liste der Brutvögel des Landes Brandenburg 2019“( R yslavy et al. 2019) zusammen mit dem Heft 4 2019 von„Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg“ erschienen. Einige weitere Inhalte der Roten Liste über Vögel und Bioindikation sollen an dieser Stelle präsentiert werden. Die Gruppe der Vögel ist ein sehr guter Indikator für die Qualität von Natur und Landschaft, weshalb auf Bundesebene aus einem 59 Arten umfassenden Artenset ein Indikator„Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ entwickelt wurde, der die sechs Hauptlebensräume Agrarland, Wald, Siedlung, Gewässer, Küste und Alpen mit jeweils zehn Arten abbildet.Abweichend gibt es für den Wald elf Arten,und Kleiber und Weidenmeise repräsentieren neben dem Wald auch die Alpen, wodurch sich die Zahl 59 ergibt. Es werden Teilindikatoren für die einzelnen Hauptlebensräume sowie der Gesamtindikator errechnet und jährlich fortgeschrieben. Seit dem Jahr 2002 wird der„Vogelindikator“ als gesamtdeutscher Indikator für den Zustand von Artenvielfalt und Landschaftsqualität jährlich aktualisiert – im Rahmen der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt, der Nachhaltigkeitsstrategie und auch für den Bereich Klimawandel. Durch die systematisch gewonnene und wissenschaftlich belastbare Datenbasis aus dem Vogelmonitoring, die in diesem Indikator zusammengefasst wird, hat der Naturschutz mittlerweile einen deutlich höheren Stellenwert in den politischen Diskussionen und Entscheidungen erlangt. Dank tatkräftiger Unterstützung bei den Trendauswertungen durch Maik Jurke wurde nun erstmals für das Bundesland Brandenburg ein solcher Indikator für die vier hier relevanten Hauptlebensräume entworfen und errechnet. Der Ausgangswert wurde für das Jahr 1995 mit 100 %(Index 1,0) angesetzt. Die Auswahl des Artensets basiert auf dem bundesdeutschen Artenset; sofern Arten davon nicht für Brandenburg relevant sind, wurde auf Ergänzungsarten ausgewichen, die der Dachverband Deutscher Avifaunisten(DDA) für Nordost-Deutschland empfohlen hat: Teilindikator Agrarlandschaft: Braunkehlchen, Feldlerche, Goldammer, Grauammer, Kiebitz, Neuntöter, Rotmilan, Schafstelze, Uferschnepfe, Wiesenpieper à Indikatorwert 2016 im Vergleich zu 1995: 70 %. Teilindikator Wald: Baumpieper, Kleiber, Kleinspecht, Mittelspecht, Schreiadler, Schwarzspecht, Schwarzstorch, Sumpfmeise, Tannenmeise, Waldlaubsänger, Weidenmeise à Indikatorwert 2016 im Vergleich zu 1995: 115 %. Teilindikator Siedlung: Dohle, Feldsperling, Gartenrotschwanz, Girlitz, Grünspecht, Hausrotschwanz, Haussperling, Mauersegler, Mehlschwalbe, Rauchschwalbe à Indikatorwert 2016 im Vergleich zu 1995: 90 %. Teilindikator Gewässer: Eisvogel, Haubentaucher, Rohrammer, Rohrdommel, Rohrweihe, Seeadler, Tafelente, Teichrohrsänger, Wasserralle, Zwergtaucher à Indikatorwert 2016 im Vergleich zu 1995: 106 %. Zur Ermittlung des Gesamtindikators„Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ für Brandenburg wurden die vier Teilindikatoren nach den Anteilen der Hauptlebensräume an der Fläche Brandenburgs gewichtet,also Agrarland 48 %,Wald 39 %,Siedlung 9 % und Gewässer 4 %. Im Ergebnis ergibt sich für 2016 ein Indikatorwert im Vergleich zu 1995 von 91 %.Das heißt, die„Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ ist in Brandenburg auf dieser Basis zwischen 1995 und 2016 um 9 % zurückgegangen. Am stärksten betroffen ist dabei die Agrarlandschaft(Abb. 3). Die Arbeit an der brandenburgischen Roten Liste bekräftigte einmal mehr, dass die Vögel der Agrarlandschaft gegenüber denen der anderen Lebensraumtypen überproportional abnehmen. Daher haben wir uns mit vierzig nach festgelegten Kriterien ausgewählten Brutvogelarten der Brandenburger Agrarlandschaft und deren Bestandsentwicklung von 1995 bis 2016 näher beschäftigt. Die Ergebnisse füllen ein ganzes Doppelheft der Zeitschrift„Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg“ (2/3 2019). Dazu trug auch eine sehr umfassende Ursachendiskussion unter Beteiligung zahlreicher Fachleute bei, die sich seit vielen Jahren um Brückenschläge zwischen Landwirtschaft und Naturschutz bemühen und auch viel landwirtschaftlichen Sachverstand einbrachten( L anggemach et al. 2019). Die Bilanz hat sich gegenüber der letzten Auswertung der Agrarvogeldaten( L anggemach & R ysla vy 2010) weiter verschlechtert, verstärkt durch die
Heft
(2020) 27
Seite
127
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