Aktuelles aus der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg 129 Veränderungen bereits seit vielen Jahrzehnten stattfinden und nicht erst mit der Wahrnehmung des „Insektensterbens“ in den letzten Jahren begannen. So ist eine Reihe von Brutvogelarten schon deutlich vor dem Untersuchungszeitraum aus der brandenburgischen Agrarlandschaft verschwunden. Dazu gehören Arten wie Kornweihe und Birkhuhn, die in Brandenburg gar nicht mehr vorkommen, aber auch Saatkrähe oder Haubenlerche, die nur noch im Siedlungsraum brüten. Abb. 4: Der Kiebitz als Wappenvogel der brandenburgischen Vogelschutzwarte hat in unserem Bundesland zwischen 1992 und 2016 um 66 % abgenommen. The Lapwing as the heraldic bird of the Brandenburg State Bird Conservation Centre declined in Brandenburg by 66 % between 1992 and 2016. Foto: M. Putze . Das Dilemma und der grundlegende Konflikt bestehen darin, dass auch die rechtskonforme Bewirtschaftung(„ordnungsgemäße Landwirtschaft“) zu gravierenden Beeinträchtigungen der biologischen Vielfalt führen kann. Bei zunehmenden Erträgen steigt die Wahrscheinlichkeit solcher Effekte. Umso wichtiger ist es, die pflanzenbaulichen und ökologischen Zusammenhänge zu verstehen. Nur so lassen sich Schlussfolgerungen ziehen, die den Fortbestand leistungsfähiger Betriebe garantieren und trotzdem biologische Vielfalt ermöglichen. Klar ist jedoch, dass sich Höchsterträge und biologische Vielfalt auf ein und derselben Fläche ausschließen. Die bisher ergriffenen Maßnahmen inkl. der Förderung des Ökolandbaus, bei dem Brandenburg bundesweit an vierter Stelle rangiert, haben für eine Trendumkehr auf Landesebene nicht ausgereicht. Daher besteht dringender Handlungsbedarf, die Situation zu verbessern. Von den Ergebnissen unserer Analyse ausgehend, müssen auch Gegenmaßnahmen inhaltlich breit angelegt sein und auf großer Fläche konsequent sowie langfristig stattfinden, wenn sie auf Landesebene wirksam sein sollen. Deutschlandweit und darüber hinaus gibt es ermutigende Fallbeispiele gemeinsam mit engagierten Landwirten. Die Ursachen für lokal bzw. regional positive Bestandsentwicklungen sind umfassend untersucht und lassen sich gut in agrarpolitische Rahmenbedingungen und künftige Agrar-UmweltProgramme übersetzen. Die Funktionalität des ländlichen Raumes kann sich dabei auch mit Vorteilen für die Landwirtschaft selbst verbessern. Eins ist klar: Auch weiterhin werden die Zahlen aus dem Vogelmonitoring zeigen, ob die ergriffenen Maßnahmen tatsächlich der Artenvielfalt dienen oder nicht. 2020 erfolgt durch den Beirat der Beringungzentrale Hiddensee eine Überarbeitung der zentralen Beringungsprogramme. Der Beirat sprach sich für die Fortführung der bestehenden Programme aus- mit Ausnahme des bisherigen länderübergreifenden Farbberingungsprogramms am Graureiher, das nur noch auf lokaler Ebene verfolgt wird.Über die Neuaufnahme weiterer Programme(Großmöwen, Schwarzkopfmöwe, Flussseeschwalbe, Rotmilan, Kranich, Migrationsverhalten von Greifvögeln und Eulen) wird aktuell noch diskutiert. Die zentralen Programme, darunter insbesondere auch die Monitoringprogramme„Integriertes Monitoring von Singvogelpopulationen“(IMS), „Internationales Monitoring Greifvögel und Eulen“ sowie das„Bundesweite Integrierte Monitoring Rauchschwalbe“ bilden den Kern der wissenschaftlichen Vogelberingung in Brandenburg,ohne dass zusätzliche regionale Einzelprogramme mit speziellen Fragestellungen dadurch ausgeschlossen werden. Derzeit stützt sich die Vogelberingung in Brandenburg auf die Arbeit von 82 ehrenamtlich tätigen, hoch spezialisierten Ornithologen.Die Ergebnisse sind wichtige wissenschaftliche Grundlagendaten für den Artenschutz; sie gehen in Bewertungen des Landes und auf Bundesebene ein und dienen der Erfüllung von Berichtsplichten. Auch in die aktuelle Rote Liste flossen Beringungsdaten ein, nämlich für die schwer erfassbaren Arten Schleiereule und Bartmeise, für die keine belastbaren Bestandsdaten vorliegen. Bisher hält sich allerdings die Beteiligung Brandenburger Beringer an den zentralen Monitoringprogrammen in Grenzen, so dass Auswertungen
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(2020) 27
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129
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