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stoff zum größten Teil wieder das Blatt verlassen muß.^) Weiter muß die Pflanze durch ihre Blätter das zum Fortschaffen der gelösten Baustoffe nötige Wasser verdunsten; kurzum das Blatt könnte seine ureigenste Aufgabe, die Pflanze mit den wichtigsten Lebensstoffen zu versehen, nicht erfüllen, wenn die Kutikula nicht von einer Menge kleinster Oeffnungen durchbrochen wäre; das sind die Spaltöffnungen.
Sie sind an und für sich winzig, stets mikroskopisch klein und messen im Mittel etwa Vsv« bis V»°° mm. Aber sie sind in ungeheurer Zahl vorhanden, zumeist auf der Unterseite der Blätter, wo sie vor Regen, Staub und anderen Verunreinigungen besser geschützt sind als auf der Oberseite. So finden sich z. B. auf einem Quadratmillimeter Blattoberfläche (Unterseite) vom Spitzahorn 550 Spaltöffnungen, an den Blättern des Gemüsekohls etwa 220 an der Oberseite und 300 an der Unterseite des Blattes je Quadratmillimeter; ein einziges Blatt des Lorbeerkirschbaumes zeigt etwa 90 000 Spaltöffnungen, und für ein Blatt der Sonnenblume hat man ihre Anzahl gar auf 13 Millionen berechnet! Durch diese ungeheure Anzahl wird der Gasaustausch des Blattes ungemein erleichtert. Freilich müssen die Spaltöffnungen verschließbar sein, wenn die Pflanze nicht anderseits in ständige Gefahr des Vertrocknens geraten soll.
Wie sieht nun eine solche Spaltöffnung aus? — Im ganzen weiten Reiche der höheren Pflanzen sind diese Organe in überraschender Weise nach ein und demselben Bauplan angelegt, soviele Abweichungen auch bei der Anordnung und Lagerung sestzustellen sind. Abbildung 1 zeigt eine räumlich gedachte Darstellung einer Spaltöffnung, und zwar so, daß die Spaltöffnung selbst der Quere nach durchgeschnitten erscheint. Sie besteht aus zwei, meist Halbmond- oder bohnenförmigen Oberhautzellen, den sog. S ch l i e ß z e l l e n, die zwischen sich einen Spalt bilden, an den beiden Enden aber miteinander verwachsen sind. Unmittelbar unter der Spaltöffnung befindet
2 ) Dieser chemische Vorgang im grünen Pslanzenblatt gehört zu den wichtigsten und großartigsten Stoffumwandlungen. Ist doch auch das tierische und menschliche Leben letzten Endes von dieser Herstellung lebenden Stoffes aus leblosem angewiesen. Von der Großartigkeit dieses „Kohlensäureassimilation" genannten Vorganges erhält man einen richtigen Begriff, wenn man erfährt, daß nach H. Schröders Schätzungen in nur einem Jahre von allen Pslanzenblättern der Erde 86 Billionen Kilogramm lebenden Stoffes gebildet werden. Im Gegensatz zu dieser „Assimilation" steht, was zumeist ganz vergessen wird, die Atmung der Pflanzen, die geradeso wie Mensch und Tier Sauerstoff einatmen und Kohlensäure ausatmen. Eine vorzügliche Darstellung aller dieser Vorgänge bietet das Kosmosbüchlein „Gehe i mnisse der Bvtanik" von Dr. I. Small.