Heft 
(1932 - 1933) 1
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Wie wirkungsvoll diese Einrichtungen der Natur sind, lehrt das Beispiel des Weihnachtsbaumes, der, abgeschnitten, wochen­lang die überaus trockene Luft unserer winterlich geheizten Stuben aushält, ohne daß die Nadeln welken oder vertrocknen. Oder man lege nur ein paar beliebige Laubblätter und Na­deln von Fichte, Tanne oder Eibe nebeneinander in die war­me Sommersonne. Schon nach einigen Stunden werden die nicht geschützten Blätter vollkommen verwelkt, ja vielleicht schon aschendürr getrocknet sein, wogegen die Nadeln kaum eine Ge­staltsveränderung zeigen.

Von der Spaltöffnungsbewegung selbst können wir hier nur andeutungsweise sprechen. Wie wir wissen, ist ja, wenn die Spalten geschlossen sind, die Gefahr des Vertrocknens ziemlich gebannt, dafür aber das Blatt in seiner Tätigkeit als Ernährungsorgan so gut wie ausgeschaltet. So muß die Pflanze sehr oft zwischen Hunger und Durst wählen. Es ist demnach zu verstehen, wie zuverlässig und empfindlich die Steuerung der Spaltöffnung sein muß, damit das Gefamtgedeihen der Pflanze nicht fortwährend gefährdet ist; und es ist kaum ver­wunderlich, daß die Pflanze ihre feinste Lebenschemie aufbietet, um die Spaltöffnungsbewegung zweckdienlich durchzusühren. Sehr alt ist schon die Erkenntnis, daß durch Wasserüberfülle gesteigerter Jnnendruck der Schließzellen die Spalte öffnet, Wassermangel aber ein Schließen der Spalte durch Jnnendruck- Verminderüng auslöst. Damit war allerdings der Mechanis­mus der Spaltöffnungsbewegung noch lange nicht restlos er­klärt. Heute wissen wir, daß es Enzymefl sind, die die ei­gentlichen Bewegungsvorgänge regeln und steuern. Und zwar geschieht dies unter Verwendung der Stärke so, daß die Schließ­zellen geschlossener Spaltöffnungen stets mit Stärke überfüllt, die Schließzellen weit geöffneter Spaltöffnungen dagegen stärke­frei sind. Mit Hilfe der bekannten Blaufärbung der Stärke durch Jod läßt sich dieser Vorgang leicht Nachweisen, wie Ab­bildung 7 zeigt. Im einzelnen spielt er sich so ab, daß die Enzyme die Stärke, die unlöslich und daher auf den Jnnen­druck gänzlich unwirksam ist, in einen anderen Stoff umsetzen, und zwar wahrscheinlich in Zucker, der den Flüssigkeitsdruck in den Schließzellen sehr beträchtlich verändern kann. Durch diese

Enzyme nennt man nach Art der bekannten Gärstoffe oder Fer­mente wirkende chemische Körper von eiweißartiger Zusammensetzung, die schon in allergeringsten Mengen vorhanden, einen bestimmten chemischen Vorgang einleiten oder beschleunigen, ohne indes sich selbst dabei zu beteiligen. Sie spielen im chemischen Haushalte der lebenden Organismen eine außerordentlich vielgestaltige und wichtige Rolle. Ihr Seitenstück im Reiche der anorganischen Chemie bilden dieKataly­satoren".