Heft 
(1939 - 1940) 1
Seite
7
Einzelbild herunterladen

Bei Zechlin liegen Seen in wunderbare Wälder gebettet. Hier baut auf sturmzerzauster Kiefer noch der Fischadler seinen Horst. An den Seenrändern fischt der Reiher. Seine größten Horste sind bei Karnzow zu finden. Wunderbar lieblich zieht die Seenkette von Kyritz sich durch einen Kranz von Wäldern. Die PrignitzRuppiner Böschung bewegt und belebt den Linienflnß der Landschaft. Steht inan auf einem dieser Hügel und blickt nach Norden, so öffnet sich das Land nach Mecklen­burg zu in wunderbarer Weite, nur fern von zart in Dunst gehüllten Hügellinien begrenzt. In den Dörfern Rundlingen oder Reihendörfern treffen wir die alte trutzige Wehrkirche mit breitem aus Feldstein gemauertem Turm, über dem das Satteldach ruht. Die Bauernhöfe mit den mächtigen Scheunen und Ställen,' dem breiten Einfahrtstor muten oft wie kleine Burgen an, in sich abgeschlossene Welten von trotziger Eigenart. Burgenreste, die von alten Kämpfen um Behauptung sprechen, sind das schöne Schloß von Freyenstein, die Ruine von Goldbeck und andere mehr. Diesen Wehrcharakter alter Zeit hat von den Städten am besten Wittstock erhalten, dessen Mauer mit ihren Wehrtürmen und den breiten Grabenwällen als Zeuge mittelalterlicher Streitbarkeit erhalten geblieben ist. Das Wittstock benachbarte Kloster Heiligengrabe spricht von Aufbau und Friedensarbeit. Schattige Kreuzgänge und das heitere Linienspiel spätgotischer Bauvollendung ziehen in ihren Bann. In dies von Naturschönheit und dem Zauber der Vergangenheit umspielte Land greift umgestaltend die Gegenwart ein. Eisen­bahnen und Reichsautostraßen vermitteln den Verkehr, Fabriken wachsen auf, Flugplätze entstehen. Wo der Bussard über ein­same Wälder seine Kreise zieht, donnern die Ein- und Zwei­decker durch die Lüfte, der Bomber und das Jagdflugzeug ebenso wie das mit erstaunlicher Pünktlichkeit seinen Weg am Himmel suchende Verkehrsflugzeug. Der Landmann am Pflug richtet seinen Blick zu den im Sonnenschein blitzenden Maschinen und weiß sich verbunden mit der großen Welt.

Diese leuchtende, lebenerfüllte Gegenwart, dieser gesetzmäßige, unter gleichbleibende Bedingungen gestellte Ablauf unseres Le­bens läßt die Mehrzahl der Menschen denken, ähnliche Be­dingungen hätten immer geherrscht und würden immer weiter herrschen. Es gibt ein Gedicht von Herder von Chidder dem Ewig Jungen. Alle 500 Jahre kehrt er an alte Stätten zurück und findet immer ein vollkommen neues verwandeltes Bild. Wo einsame Wälder lagen, in denen der Jäger jagte, breitet sich ein See, in den der Fischer seine Netze wirft, und wieder nach 600 Jahren ist an derselben Stelle eine große tosende Stadt mit Handel und Wandel. Und immer, wenn der ewige