Heft 
(1939 - 1940) 1
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Jäger gewesen, der den jagdbaren Tieren nachzog, sich vor der Unbill der Witterung in Höhlen barg, aber das Feuer kannte und sich auf die Herstellung zweckmäßiger und sogar schöner Geräte aus Knochen und Stein verstand. Soweit die Vegetation es erlaubte, war er auch Sammler. Dem abziehenden Eis, das auf seinem Rückzug die an besondere Lebensbedingungen gebundene Tierwelt mit sich nahm, folgte auch der Jäger. Er dringt, so bald die klimatischen Bedingungen es erlauben, bis an die Küsten der Ostsee vor und paßt sich hier neuen Lebens­bedingungen in wunderbar schöpferischer Weise an. Er wird an diesen Küsten zum Fischer, aber niehr, er lernt das Meer zu befahren. Zum ältesten Sprachgut der Jndogermanen ge­hören Worte, die auf Seefahrt Hinweisen. Noch einen weiteren Schritt macht er in dieser Zeit zu dem, was wir Kultur nennen, er erfindet die Töpferei. In den sogenannten Muschelabfallhaufen jener Zeit an der Ostseeküste sind die ersten Gefäßreste nachzu­weisen. Als Haustier begleitet ihn schon der Hund. Von der geistig seelischen Einstellung des Menschen aus dieser Zeit wissen wir nichts. Aber doch werden wir Rückschlüsse machen dürfen. Dieser nordische Mensch, der Vorgermane, der Ahnherr jener Männer, die die gewaltigen Großsteingräber als Malzeichen ihres Glaubens errichteten und sie als heilige Plätze beherrschend in ihre Landschaft stellten, dieser Mensch, der mit einer über­gewaltigen Natur um seine Lebensbehauptung zu ringen hatte, er wird seinen Blick schon damals auf das erhabene Spiel der Lebenskräfte gerichtet haben und wird in Tag und Nacht, in Sommer und Winter, in Tod und Leben die über das Einzel­dasein hinausgehenden großen Anforderungen einer heischenden, göttlichen Kraft gespürt haben.

Das Eindringen des Menschen in eine Landschaft ist an die klimatischen Bedingungen und an das aus ihnen erwachsende Landschaftsbild gebunden. Die klimatischen Bedingungen der Nacheiszeit sind uns durch die Forschung vertraut. Wir wissen, daß in der Nacheiszeit sich der Austausch der Kaltluft der Eis­steppe und der Warmluft des Südens in heftigen Winden äußerte, die über die eisfrei gewordene Erde trieben und aus den mächtigen Aufschüttungen des Eises den Sand zu Dünen aufwehten. Allmählich nimmt die Wärme zu, das Bodeneis schmilzt, sickert in die Erde und reichert hier Feuchtigkeit an. Eine Pflanzendecke beginnt sich auszubreiten und langsam wandert auch Baumbestand ein Birken und Kiefern dehnen sich aus. Die Feuchtigkeit nimmt zu. Das Klima wird wald­fördernd, auch Buche und Eiche finden ihren Weg in die Land­schaft. Vielleicht hat die Prignitz in der Mittelsteinzeit, in der Zeit von 80004000 v. d. Zr. keinen wesentlich anderen