Heft 
(1939 - 1940) 1
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mäßig erfolgt und erfolgen muß, sondern eine klare starke Weiterentwicklung und einen Aufstieg zur Höhe.

Die Sonderentwicklung dieser beiden Zweige eines Stammes ist bemerkenswert. Sie zeigt uns die erstaunlich reiche Fülle der Anlagen, die in diesem nordischen Menschen schlummert und nur des Anrufes bedarf, um zu erwachen. Am klarsten zeigt sie sich in der so stark von einander abweichenden Form der Bestattung. Auf der einen Seite sehen wir das Großsteingrab, diese Denkmäler hochsinniger Ahnenehrung, die mit einem großartigen Stilgefühl in die Landschaft gestellt sind und noch heute mit Urgewalt zu uns sprechen. Aber nicht nur diesen hohen Sinn haben wir an ihnen zu bewundern, diese Wucht und Kernigkeit. Sie sind zugleich bewundernswert als technische und soziale Leistung. Riesenblöcke sind hier bewegt, zum Teil hügelaufwärts verfrachtet, gewaltige Steine sind behauen und in die Erde gerammt und wie von Riesenhänden sind mächtige Steinplatten und Blöcke darüber gelegt. Solche Aufgaben wollten gemeistert werden. Sie konnten es nur in einer groß ange­legten Gemeinschaftsarbeit, die wieder Rückschlüsse erlaubt auf Stammesverbundenheit und innere Gliederung einer solchen Gemeinschaft. Aber zugleich spricht aus solchen Werken Ehr­furcht vor den Ahnen und darin wieder sittliches Gebundensein in eine Lebensordnung. Man nimmt an, daß diese Gräber zugleich Kult-, wahrscheinlich zugleich Dingstätten gewesen sind. Vermutlich waren es Sippenbestattungen.

Die dann aus Mitteldeutschland in die Ostseekultnr ein­dringenden Jndogermanen kennen solche Sippengräber nicht. Sie bestatten ihre Toten sorgfältig und mit Ehrfurcht, aber in Einzel­gräbern. Seine Waffen werden dem Manne beigegeben. Bei der wundervollen Erhaltung dieser Waffen dürfen wir annehmen, daß es keine Gebrauchswaffen waren, sondern für diese Be­stattung, für den Weg in das Jenseits besonders gearbeitete. Ein Gefäß, das nicht Leichenbrand enthält Leichenverbrennung kommt zwar vor, aber überaus selten sondern wahrscheinlich einen Trank oder Speise, ist mitgegeben. Ueber solche Bestattung wird eine Steindecke aus saust- bis kopfgroßen Steinen gelegt, und darüber kommt die Erddecke. Der Hügel, der auf diese Weise entsteht, hebt sich kaum sichtbar aus dem Gelände.

Welche Unterschiede im Fühlen, Denken, Wollen offenbaren diese beiden Bestattungsarten! Auch die Grabgefäße sind ver­schieden. Die reicheren, schöner verzierten, sorgfältiger gearbeiteten gehören in die Ostseekultur. Sie sind auch vielseitiger in der Form, in Tassen, Amphoren, Schalen gegliedert. Bei den Schnurkeramikern überwiegt der einfache Becher mit der durch eingedrückte Schnüre erzielten Verzierung, der in der Ausgangs-