Heft 
(1.1.2019) 03
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KULTUR

Nr. 3/94-Seite 15

Studenten ERWIN STRITTMATTER ZUM GEDENKEN stellen aus *14.8.1912 131.1.1994

Vielfalt und Breite der Themen, der Sujets, der künstlerischen Mittel kennzeichnet die kürz­lich in den Räumen der Uni­versitätsbibliothek in Golm (Haus 8) eröffnete Ausstellung Studenten stellen sich vor. Sie ist noch bis Mai zu den Öff­nungszeiten der Bibliothek zu sehen.

Studenten der Immatrikulati­onsjahrgänge 1987-1992 Pri- marstufe verdeutlichen in ihren Arbeiten nicht nur unterschied­liche Handschriften, sondern auch die Tatsache, daß nach

mehrjährigem Studium die Form- und Ausdrucksmittel ge­reift sind.

Kerstin Grüner versucht, Be­findlichkeiten auszudrücken. Für andere Exponate gleicher­maßen typisch ist die bewußte Anlehnung an künstlerische Traditionen und Vorbilder als einen möglichen Ansatz für die Formung der eigenen Aus­druckskraft. Karsten Jahn stellt abstrakt-expressive groß­formatige Bilder aus. Elke Galley's expressives Porträt wird ebenso interessierte Be­trachter finden wie die künstle­rischen Fotografien von Clau­dia Güttner sowie die kleinfor­matigen realistischen Bilder von Ines Falkenberg, Susanne Klauss und Anja Schumann. Überzeugend wirken die Bil­der von Simone Leo und Antje Härtel durch die stili­stische Sicherheit und Eigen­willigkeit.

Auch diese Ausstellung ver­deutlicht, daß es gut vorstell­bar wäre, wenn das bei den Studienbewerbern gefragte FachKunst bald über den Rahmen des Lehramtes Pri- marstufe hinaus das Lehran­gebot der Universität Pots­dam bereichern könnte.

Bücher

In den Regalen meiner Arbeits­stube stehen viele Bücher. In manche sehe ich hinein, finde, daß sie mir nichts zu sagen ha­ben, klappe sie zu und vergesse sie.

In anderen Büchern finde ich hie und da eine Wahrheit und ab zu eine Bestätigung eigener Ge­danken. Manchmal gefallen mir an ihnen nur der Inhalt einer einzigen Seite oder einige be­sonders geglückte Formulierun­gen. Nach Jahren nehme ich sie wieder zur Hand, um das, was mir an ihnen gefiel, zu lesen. Dann gibt's Bücher, die zu­nächst wie Fremdlinge in mei­ner Stube stehen. Aber eines Tages machen sie sich bemerk­bar. Bin ich in ihre geistige Nähe gekommen?

Ich schlage sie auf, lese sie in einem Zuge und lese sie nach Wochen schon wieder. Viele von ihnen sind alt und aus ver­gangenen Zeiten herüberge­kommen, und doch verjüngen sie mich und sind mir behilflich, meine Zeit zu verstehen. Die jüngende Kraft, die ihnen inne­wohnt, heißt Poesie.

Erwin Strittmatter: 3/4hundert Kleingeschichten. Berlin und Weimar:

Aufbau-Verlag, 1971

Die Fuchsie I

In einer Mainacht besuchte ich die alten Plätze des Heimatdor­fes: Der Wildrosenstrauch am Waldrand war abgeholzt, versan­det der Bach, an dem ich mein er­stes Mädchen küßte, versiegt war der Bom am Fuße des Hügels, der Mühlenhügel war mühlenlos; Kriegsfeuer hatten die Mühle verbrannt. Auf Mutters Fenster der Fuchsienstock blühte.

Ich brach einen Zweig und pflanzte ihn ein. Der Fuchsien­zweig wuchs. Noch war er dünn, und schon trieb er Knospen. Nicht lange, und eine Knopse sprang auf. Unter weiß-grünen Kelchlidem sieht die Blüte mir zu, wenn ich sitze, schreibe und schreibe.

Erwin Strittmatter: Schulzenhofer Kramkalender Berlin und Weimar:

Aufbau-Verlag, 1966

ERWIN STRITTMATTER

1431 Dollgow über Gransee, den 26. 6. 82

Seht ,t venehnte F neundinnen und Fneunte,

holen Sit htnzlichen Dank. fiLi Ihnen Dnitf. mit dtn Btmnnkungen zu meinen kJLtintn Anleit DIL FUCHSIE, Sit holen eich damit gewiß zuviel Flöht gemacht. Ich Lin puäh, daß dit Intenpnetationen uenietem vemchieden toanen.

Ich Lin nicht dtn. Fleinung, daß DICHTUNG einen, eogleich ciMchlanen und an- wendlanen NUTZEN holen muß, Leiden holen uiitf mitteleunopäiichen Flemchen um an - gewohnt, lei altem wa& loin tun und. denken, sogleich nach einem. Nutzen zu plagen, (Jen und. 1006 leetimmt dieeen Nutzen? Die Ökonomen, die ExpantMint 6 chaf.t?

Man mich zum Schneiten den Bemenkungen ölen die Fucheit innßiniente, wanen Stimmungen, und Stimmungen kann man nicht mit Ivöntenn, 4ondenn nun zwischen den löntenn ptthalten.

Ich toÜMche Ihnen noch gute Tage in Bnandenlung und gnuße Sie henzlich

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Ein Brief Erwin Strittmatters an Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmer am Institut für Weiterbildung ausländischer Deutschlehrer (PH Potsdam) in Brandenburg, die an ihn geschrieben hatten.

Ihn

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