KULTUR
Nr. 3/94-Seite 15
Studenten ERWIN STRITTMATTER ZUM GEDENKEN stellen aus *14.8.1912 131.1.1994
Vielfalt und Breite der Themen, der Sujets, der künstlerischen Mittel kennzeichnet die kürzlich in den Räumen der Universitätsbibliothek in Golm (Haus 8) eröffnete Ausstellung „Studenten stellen sich vor“. Sie ist noch bis Mai zu den Öffnungszeiten der Bibliothek zu sehen.
Studenten der Immatrikulationsjahrgänge 1987-1992 Pri- marstufe verdeutlichen in ihren Arbeiten nicht nur unterschiedliche Handschriften, sondern auch die Tatsache, daß nach
mehrjährigem Studium die Form- und Ausdrucksmittel gereift sind.
Kerstin Grüner versucht, Befindlichkeiten auszudrücken. Für andere Exponate gleichermaßen typisch ist die bewußte Anlehnung an künstlerische Traditionen und Vorbilder als einen möglichen Ansatz für die Formung der eigenen Ausdruckskraft. Karsten Jahn stellt abstrakt-expressive großformatige Bilder aus. Elke Galley's expressives Porträt wird ebenso interessierte Betrachter finden wie die künstlerischen Fotografien von Claudia Güttner sowie die kleinformatigen realistischen Bilder von Ines Falkenberg, Susanne Klauss und Anja Schumann. Überzeugend wirken die Bilder von Simone Leo und Antje Härtel durch die stilistische Sicherheit und Eigenwilligkeit.
Auch diese Ausstellung verdeutlicht, daß es gut vorstellbar wäre, wenn das bei den Studienbewerbern gefragte Fach „Kunst“ bald über den Rahmen des Lehramtes Pri- marstufe hinaus das Lehrangebot der Universität Potsdam bereichern könnte.
Bücher
In den Regalen meiner Arbeitsstube stehen viele Bücher. In manche sehe ich hinein, finde, daß sie mir nichts zu sagen haben, klappe sie zu und vergesse sie.
In anderen Büchern finde ich hie und da eine Wahrheit und ab zu eine Bestätigung eigener Gedanken. Manchmal gefallen mir an ihnen nur der Inhalt einer einzigen Seite oder einige besonders geglückte Formulierungen. Nach Jahren nehme ich sie wieder zur Hand, um das, was mir an ihnen gefiel, zu lesen. Dann gibt's Bücher, die zunächst wie Fremdlinge in meiner Stube stehen. Aber eines Tages machen sie sich bemerkbar. Bin ich in ihre geistige Nähe gekommen?
Ich schlage sie auf, lese sie in einem Zuge und lese sie nach Wochen schon wieder. Viele von ihnen sind alt und aus vergangenen Zeiten herübergekommen, und doch verjüngen sie mich und sind mir behilflich, meine Zeit zu verstehen. Die jüngende Kraft, die ihnen innewohnt, heißt Poesie.
Erwin Strittmatter: 3/4hundert Kleingeschichten. Berlin und Weimar:
Aufbau-Verlag, 1971
Die Fuchsie I
In einer Mainacht besuchte ich die alten Plätze des Heimatdorfes: Der Wildrosenstrauch am Waldrand war abgeholzt, versandet der Bach, an dem ich mein erstes Mädchen küßte, versiegt war der Bom am Fuße des Hügels, der Mühlenhügel war mühlenlos; Kriegsfeuer hatten die Mühle verbrannt. Auf Mutters Fenster der Fuchsienstock blühte.
Ich brach einen Zweig und pflanzte ihn ein. Der Fuchsienzweig wuchs. Noch war er dünn, und schon trieb er Knospen. Nicht lange, und eine Knopse sprang auf. Unter weiß-grünen Kelchlidem sieht die Blüte mir zu, wenn ich sitze, schreibe und schreibe.
Erwin Strittmatter: Schulzenhofer Kramkalender Berlin und Weimar:
Aufbau-Verlag, 1966
ERWIN STRITTMATTER
1431 Dollgow über Gransee, den 26. 6. 82
Seht ,t venehnte F neundinnen und Fneunte,
holen Sit htnzlichen Dank. fiLi Ihnen Dnitf. mit dtn Btmnnkungen zu meinen kJLtintn Anleit DIL FUCHSIE, Sit holen eich damit gewiß zuviel Flöht gemacht. Ich Lin puäh, daß dit Intenpnetationen uenietem vemchieden toanen.
Ich Lin nicht dtn. Fleinung, daß DICHTUNG einen, eogleich ciMchlanen und an- wendlanen NUTZEN holen muß, Leiden holen uiitf mitteleunopäiichen Flemchen um an - gewohnt, lei altem wa& loin tun und. denken, sogleich nach einem. Nutzen zu plagen, (Jen und. 1006 leetimmt dieeen Nutzen? Die Ökonomen, die ExpantMint 6 chaf.t?
Man mich zum Schneiten den Bemenkungen ölen die Fucheit innßiniente, wanen Stimmungen, und Stimmungen kann man nicht mit Ivöntenn, 4ondenn nun zwischen den löntenn ptthalten.
Ich toÜMche Ihnen noch gute Tage in Bnandenlung und gnuße Sie henzlich
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Ein Brief Erwin Strittmatters an Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmer am Institut für Weiterbildung ausländischer Deutschlehrer (PH Potsdam) in Brandenburg, die an ihn geschrieben hatten.
Ihn
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