Heft 
(1.1.2019) 13
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Nr. 13/94-Seite 8

FAKULTATSEROFFNUNG

Eröffnung der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät

Mit einem würdigen Festakt hat sich am 15. Juni in Babelsberg die Wirtschafts- und Sozialwis­senschaftliche Fakultät der Pots­damer Universität gegründet. Damit konnte der wichtigste Teil der Aufbauphase dieser zweiten großen Fakultät in der August- Bebel-Straße abgeschlossen werden. Aus Anlaß dieser offizi­ellen Eröffnung verlieh der De­kan, Prof. Dr. Wilhelm Bürklin, den beiden Gründungsbeauftrag­ten Prof. Dr. Josef Molsberger und Prof. Dr. Karl Rohe die Eh­rendoktorwürde - als Dank und Anerkennung für ihre geleistete Aufbauarbeit und die Würdigung herausragender wissenschaftli­cher Leistungen.

Eröffnet wurde der zweistündi­ge Festakt durch Prorektor Wolf­gang Loschelder, der in seiner Ansprache besonders auf die Pro­bleme, aber auch auf Chancen hinwies, wenn eine Universität nicht auf der grünen Wiese gebaut wird, sondern Vorläufer­einrichtungen hat, in diesem Fal­le dieAkademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR und die Pädagogische Hochschu­le Potsdam.

Forschungs- und Wissenschafts- Minister Hinrich Enderlein erin­nerte aus der Sicht der Landesre­gierung an die gute Zusammen­arbeit mit den beiden Gründungs­beauftragten in der Aufbaupha­se. Er erneuerte seine Zusage für den Aufbau des Diplomstudien­ganges Betriebswirtschaftslehre, dem seinen Worten zufolge nichts mehr im Wege steht. Gleichzeitig hob Enderlein die Bedeutung der geplanten integra- tiven Studiengänge der Fakultät hervor.

Darauf eingehend, stellte der Dekan der Wirtschafts- und So­zialwissenschaftlichen Fakultät, Prof. Dr. Wilhelm Bürklin, den Entwicklungsstand und die Per­spektiven der Fakultät vor. Er

verwies auf den Standortvorteil im neuen Verwaltungs- und Dienstleistungszentrum Berlin- Brandenburg, zu dem allerdings ein eigenständiges Profil der Fakultät gehört. Schon allein deshalb,um im Konzert der deutschen Universitäten unter­scheidbarzu werden, wie Bürk­lin betonte. Dieses Profil sei ei­nerseits geprägt durch eine an­wendungsorientierte Volkswirt­schaftslehre und eine stark pra­xisbezogene betriebswirtschaft­liche Ausbildung mit vielen Kontakten zu außeruniversitären Organisationen. Hinzu kommt eine starke Sozialwissenschaft, dieempirisch orientiert, praxis­nah gestaltet ist und auf einem hohen Niveau der Methodenaus­bildung basiert.

Nach einem Überblick über den guten Stand der über 40 For­schungsschwerpunkte und -pro- jekte verwies Professor Bürklin auch auf die immer noch vor­handenen Probleme beim Auf­bau derFakultät. Dies seien zum einen die noch zu besetzenden Lehrstühle. Zum anderen berei­ten die Verzögerungen bei der Besetzung der C1 - und C2-Stel- len und die Ausweitung der 80 Prozent-Bezahlung auf alle Be­rufsanfänger im Mittelbau noch Sorgen.

Wir sind entschlossen und be­reit, uns dem Wettbewerb zu stel­len, aber wir werden dabei nur erfolgreich sein, wenn unsere Landesregierung die Wettbe­werbsnachteile beseitigt, rich­tete Bürklin seine Forderung an den Wissenschaftsminister.

Aus einer anderen Perspektive betrachtete die Studentenvertre­terin im Fakultätsrat, Viktoria Kaina, die Gründung der Fakul­tät. In einer sehr eindringlichen und ausdrucksstarken Rede er­innerte sie an die bitteren Erfah­rungen der Studentinnen und Studenten des abgewickelten

Studienganges Sozialwissen­schaften und machte die Ängste und Fragezeichen vieler Studie­render deutlich, die im Hinblick auf die lange Zeit ungewisse Fra­ge des Studienganges Betriebs­wirtschaftslehre und die personel­len und perspektivischen Proble­me im Bereich des Studien­schwerpunktes Internationale Be­ziehungen auftreten.Viele die­ser Studentinnen und Studenten haben sich lange in Geduld geübt und damit dem Universitätsstand­ort einen Vertrauenskredit gege­ben, den es nun langsam, aber si­cher zurückzuzahlen gilt, appel­lierte Viktoria Kaina an die an­wesenden Vertreter der Univer­sität. Andererseits machte die Stu­dentin auf die, .Potsdamer Traum- bedingungen aufmerksam,wo Seminare mit mehr als zwanzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer eher die Seltenheit sind, wo einen die Profs beim Namen kennen. Besonderen Dank richtete Vikto­ria Kaina im Namen der Studie­renden abschließend an Frau Dr. Renate Schmidt und Frau Dr. In- geborg Garz für ihre Arbeit beim Fakultätsaufbau.

Anschließend wurden die beiden Gründungsbeauftragten der Fa­kultät geehrt. Prof. Dr. Norbert Eikhof wies in seiner Laudatio für Prof. Dr. Molsberger, neben der Würdigung seiner wissenschaft­lichen Erfolge, besonders auf Molsbergers Leistungen und den großen persönlichen Einsatz beim Aufbau der Wirtschaftswissen­schaften in Potsdam hin.

Für den Gründungsbeauftragten Prof. Dr. Karl Rohe, der in Pots­dam die Sozialwissenschaften aufbaute, hielt Prof. Dr. Herbert Döring die Laudatio. Nach einer Übersicht über das bisherige breit­gefächerte Werk des angesehenen Politikwissenschaftlers erinnerte Döring an die neuen Lehr- und Lemmethoden, die Rohe auch in Potsdam erfolgreich einführte.

Nach der Verlesung der Urkun­den und Verleihung der Ehren­doktorwürden durch den Dekan drückten die Gewürdigten in kurzen Ansprachen ihren Dank für diese Ehrung aus und erin­nerten in sehr persönlichen Wor­ten an ihre Arbeit in Potsdam, wobei beide ihre positiven menschlichen Erfahrungen, die sie in Brandenburg gewonnen haben, hervorhoben. Aufgelockert durch ein klassi­sches Musikprogramm von Stu­dierenden des Fachbereiches Musik lauschte das Publikum dem mit Spannung erwarteten Festvortrag von Prof. Dr. Rainer Lepsius, der sich mitInstitutio­nenordnungen und Verhaltens­strukturierung beschäftigte. Lepsius, der das Publikum durch seine glänzende Rhetorik und seinen intellektuellen Scharfsinn trotz der vorgerückten Stunde zu fesseln vermochte, sparte dann auch nicht mit Provokationen hinsichtlich der Ost-West-Pro- blematik, die sich jedoch bei ge­nauerem Zuhören als tiefgründi­ge Analysen gegenseitiger Res­sentiments entpuppten und viel Stoff für anschließende Diskus­sionen übrig ließen.

Dafür bot sich der Empfang an, der im Anschluß an den Festakt in der Mensa gegeben wurde. Festakt und Empfang konnten durch die großzügige Spende ei­nes der Universitätsgesellschaft verbundenen Mäzens realisiert werden, dem Prof. Dr. Wilhelm Bürklin ausdrücklich dankte und darin ein Vorbild für die Entste­hung eines Mäzenatentums sah, ohne das eine Universität viel ärmer wäre.

Den meisten Gästen gefiel es so gut, daß sie auch noch zu dem von den Fachschaften der Fakul­tät organisierten Studentenfest blieben und den Tag mit Live- Bands, Tombola und Diskothek ausklingen ließen.